Schwerer Unfall in Moosburg:Autofahrer erfasst Fußgänger und flüchtet

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49-Jähriger aus Neufahrn muss sich vor Gericht verantworten - er gibt an, sich an nichts mehr erinnern zu können

Von Alexander Kappen, Landshut/Moosburg

Ein verschneiter Winternachmittag im Februar 2013. Eine Frau fährt in ihrem Auto auf der Thalbacher Straße in Moosburg stadteinwärts. Sie wird auf einen roten Golf aufmerksam, der vor ihr die Straße entlang fährt. Durch die Gischt auf der nassen Fahrbahn sieht sie ihrer Wahrnehmung nach plötzlich vor dem roten Wagen ein schwarzes Teil durch die Luft fliegen, das sie zunächst für eine Abdeckplane hält. Der Golf fährt einfach davon. Die vermeintliche Plane, das stellt sich wenige Augenblicke später heraus, ist ein heute 58-jähriger türkischer Rentner, den der Golf offenbar bei einem Schlenker auf dem Gehsteig frontal getroffen hat.

Dessen Fahrer, ein inzwischen 49-jähriger türkischstämmiger Mann aus Neufahrn, muss sich seit Dienstag vor dem Landshuter Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Körperverletzung, Fahrerflucht sowie versuchten Totschlag durch Unterlassen vor. Wie es zu dem Unfall gekommen ist, blieb am ersten Verhandlungstag unklar. Der Angeklagte äußerte sich nicht zum Tathergang. Er leidet seit Jahren unter einer psychischen Erkrankung. In einem Prozess im Jahr 2002 war vom Gericht schon mal seine Unterbringung angeordnet worden, weil er damit gedroht hatte, seine damalige Frau umzubringen.

Das Unfallopfer erlitt durch den Zusammenstoß eine Lungenquetschung, Brüche im linken Unterschenkel, Risswunden im Gesicht sowie Schürfungen an den Knien. Laut medizinischem Befund war das Leben des 58-Jährigen "nie akut gefährdet". Aber das konnte der Angeklagte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht wissen: "Bei Verlassen der Unfallstelle fand er sich deswegen damit ab, dass der Geschädigte ohne sofortige Hilfe auch versterben könnte." Die Zeugin, die am Unfallort anhielt, um Polizei und Krankenwagen zu verständigen, dachte ebenfalls: "Der Mann muss eigentlich tot sein, der ist ja fast so hoch wie die Straßenlaterne geflogen und dann mit dem Kopf auf dem Gehsteig aufgeschlagen."

Die Umstände des Unfalls zu rekonstruieren, fiel dem Schwurgericht unter Vorsitz von Richter Markus Kring merklich schwer. Die Gemengelage war kompliziert, die Aussagen des Angeklagten sowie der Zeugen waren teilweise widersprüchlich und wenig erhellend. Der Neufahrner gab zu, am Tattag mit seinem Auto in Moosburg gewesen zu sein. Aber er könne sich an nichts mehr erinnern. Einem Neufahrner Polizisten, der den Angeklagten nach dem Unfall am Abend befragt hatte, sagte er damals , "dass er sich ein bisschen daran erinnern kann, eine Person angefahren zu haben". So erzählte es der Beamte dem Gericht. Dass der Angeklagte mit seinem Auto an dem Unfall beteiligt gewesen ist, war kaum zu leugnen: Bei der Kollision fiel ein Nummernschild vom Auto und blieb am Gehsteig liegen. An der Jacke des Angeklagten, das ergab ein Gutachten, wurden Glassplitter gefunden, die der beschädigten Windschutzscheibe seines Autos zuzuordnen waren.

Dass, wie das Gericht in Erwägung zog, womöglich ein Zwist zwischen türkischen Gruppierungen aus Neufahrn und Moosburg hinter dem Unfall stecken könnte, war am Dienstag nicht nachzuweisen. Das dementierte auch das Unfallopfer. Von solchen Problemen wisse er nichts, sagte der 58-Jährige, den Angeklagten habe er noch nie gesehen. Die eingangs erwähnte Zeugin hatte der Polizei von solchen Zwistigkeiten berichtet, nachdem ein Bekannter ihr davon erzählt hatte. Der wurde nun ebenfalls als Zeuge geladen. Er wisse aber "nichts Konkretes, das sind nur Stammtischgerüchte", weil in der Moosburger Neustadt mal einen ähnlichen Fall gegeben habe, dessen Hintergrund wohl ein Streit zwischen türkischstämmigen Gruppen gewesen sei. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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