Schulbesuch oft kaum möglich:Bindungsstörungen

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Die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft Freising registriert eine steigende Zahl "hochschwieriger Kinder"

Von Peter Becker, Freising

Die Anzahl der unbegleiteten jungen Flüchtlinge im Landkreis ist stark zurückgegangen. Dies berichtete Harald Riemann, Sprecher des Arbeitskreises Kinder- und Jugendpsychiatrie, während der Vollversammlung der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Freising (PSAG). Als Konsequenz daraus seien Einrichtungen in Moosburg und Au geschlossen worden, in denen junge Flüchtlinge untergebracht waren, berichtete Riemann. Die Gebäude werden jetzt anderweitig für soziale Zwecke genutzt. Was Riemann Sorge bereitet: Die Zahl "hochschwieriger Kinder" nimmt zu. Dabei handelt es sich um junge Menschen mit Bindungsstörungen.

Um zwölf solcher Kinder kümmert sich bereits das Jugendwerk Birkeneck, wo Riemann auch arbeitet. "Mit ihnen klarzukommen, ist sehr schwierig", sagte der Sprecher des Arbeitskreises. Es sei schwer, mit diesen Kindern zu arbeiten und sie zu beschulen. Mehr als eine halbe Stunde Unterricht sei oft nicht möglich. Die Bindungsstörungen resultieren laut Riemann daraus, dass die Mütter dieser Kinder sehr jung seien. Die 15- bis 16-Jährigen hätten in den ersten zwei Lebensjahren die Betreuung ihres Nachwuchses vernachlässigt. Eine vertrauensvolle Bindung zur Mutter kam so nicht zustande. Dieses Defizit scheint sich wie ein roter Faden durch das Leben der Kinder zu ziehen. Aufgrund ihres auffälligen Verhaltens müssten diese jungen Menschen ständig die Schule wechseln, bis sie überhaupt an keiner mehr angenommen würden. Immer wieder durchlebten sie Beziehungsabbrüche.

Riemann kritisierte, dass den Kindern oft nur befristet geholfen werde. Laufe die Betreuung aus, sei alles wieder schnell beim Alten. Der Sprecher des Arbeitskreises plädierte für eine Dauerbetreuung, wie es im Jugendwerk geschieht. Dort sei das Personal aufgestockt worden und es gebe Anfragen aus ganz Deutschland. Die Mütter dieser "hochschwierigen Kinder" haben oft selbst Flüchtlingshintergrund.

Bernd Sauer, Sprecher des Arbeitskreises Sucht, berichtete von den Vorbereitungen zur Aktionswoche Alkohol im Mai 2019. Es werde noch an Ideen zur Beteiligung, etwa Projekte an Schulen, gearbeitet, sagte er. Sauer informierte, dass der Katholische Männerfürsorgeverein Kurse zum "Kontrollierten Trinken" anbiete. Die seien kostenlos und deshalb niederschwellig. Ein ähnliches Projekt laufe bei der Suchtberatungsstelle Prop, das jedoch über eine Krankenkasse finanziert werde. Schon seit längerer Zeit ist eine Nachtschlafstelle für Jugendliche im Gespräch. Da wolle sich der Arbeitskreis über Projekte in München informieren und überlegen, ob diese im Landkreis Freising umzusetzen seien. Agnes Stimmelmayer vom Arbeitskreis Gerontopsychiatrie sagte, dass es bei der Arbeiterwohlfahrt in Moosburg eine starke Nachfrage nach Kurzzeitpflege gebe. "Doch es fehlt an Plätzen", sagte Stimmelmayer.

Neues gab es bei den Personalien der PSAG. Christian Jotter ist neuer Fachdienstleiter der sozialpsychiatrischen Dienste der Freisinger Caritas. Petra Lichtenfeld ist neue Betreuungsamtsleiterin des Landkreises. Sie ersetzt Josef Scheumaier, der in Ruhestand ging. Das Streetworker-Projekt Mose ist in die PSAG aufgenommen worden, zu deren Stellvertretenden Vorsitzenden Agnes Stimmelmayer gewählt wurde.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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