6,7 Millionen für das Eisstadion:Schockstarre nach dem Tag der Wahrheit

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Nach der Nachricht von der neuerlichen Kostensteigerung beim geplanten Freisinger Eisstadion herrscht Katerstimmung bei den Stadträten. Die Fraktion der Grünen will jetzt gegen den Bau der Halle stimmen. Die SPD rät zur Selbstkritik.

Kerstin Vogel

- Katerstimmung bei den Stadträten: Die Nachricht von der neuerlichen Kostenexplosion beim geplanten Freisinger Eisstadion hat die Fraktionen am Montagabend im Hauptausschuss überrascht und schockiert. Ob sich bei den Haushaltsberatungen im Stadtrat noch eine Mehrheit für das jetzt auf 6,7 Millionen Euro geschätzte Projekt finden wird, scheint fraglich. Zu viele Stadträte hatten im April schon den bisher angenommenen Kosten von 5,3 Millionen nur mit Bauchgrimmen zugestimmt. Groß ist bei vielen die Sorge, dass hier sehr viel Geld für die Interessen einer eher kleinen Bevölkerungsgruppe investiert wird und andere Projekte darüber auf der Strecke bleiben. ÖDP-Stadtrat Ulrich Vogl möchte deshalb ein Ratsbegehren zu dieser Frage auf den Weg bringen.

Zumindest die neunköpfige Fraktion der Grünen wird laut Sprecherin Rosi Eberhard - mit einer Ausnahme - gegen den Bau der Eishalle stimmen. Man sei nicht grundsätzlich gegen das Stadion, sagte sie am Mittwoch: "Wir haben in der Stadt jedoch Sportbereiche, wo es viel dringender ist, zu investieren und können nicht so etwas teures für eine relativ kleine Gruppe bauen und alle anderen müssen hintan stehen." Nicht verstehen könne sie, wie das von Seiten der Planer so aus dem Ruder gelaufen sei, so Eberhard: "Haben die gedacht, dass wir schon zustimmen?"

Von einer "Salamitaktik, die mir nicht gefällt", spricht auch CSU-Chef Erich Irlstorfer, der zuständiger Referent des Stadtrats ist. Erst sei von einem Projekt in der Größenordnung von 4,2 Millionen - inklusive Eisfläche - die Rede gewesen. Dann habe man den 5,3 Millionen zugestimmt und sei nun bei 6,7: "Das ist so nicht tragbar, dazu werde ich mich intern noch sehr kritisch äußern." Die CSU-Fraktion halte gleichwohl an dem Ziel fest, die Eishalle zu bauen und im Dezember 2013 fertig zu stellen, so Irlstorfer, der sich ansonsten geheimnisvoll gibt: "Ich arbeite an einer Lösung." Die Stadt müsse ja nicht unbedingt selber als Bauträger auftreten.

Selbstkritisch äußerte sich am Mittwoch die Sprecherin der SPD, Heidi Kammler. Beim Blick auf die gestiegenen Kosten müsse sich "jeder Stadtrat ein wenig selbst an die Nase fassen", sagte sie. Schließlich habe man immer mehr gewollt und immer neuen Verbesserungen an der Halle zugestimmt - "und Wahlkampf war ja auch noch". Die SPD jedenfalls werde nun alles durchgehen und dann mit allen Daten, die man habe, eine Entscheidung fällen.

Auch Hans Hölzl, Sprecher der Freisinger Mitte, sieht einen Teil der Verantwortung beim Stadtrat. Man habe die 5,3 Millionen Euro, denen man "zähneknirschend" zugestimmt habe, nie konkret ermitteln lassen, sondern immer Schätzungen akzeptiert, sagte er: "Das ist ein Fehler, den man eingestehen muss." Von der ursprünglichen Idee, ein Dach über die neue Eisfläche zu bauen, bis zu dem "Leuchtturmprojekt", als welches das Stadion zuletzt tituliert worden sei, habe sich das Vorhaben enorm weiterentwickelt, so Hölzl. "Das geht nicht ohne Kosten." Man habe sich von bestimmten Vorstellungen treiben lassen, dann seien die Anregungen des Gestaltungsbeirats hinzugekommen und nun stecke man in einer "äußerst unbefriedigenden Situation". Die FSM wolle zwar an einer Eis-Überdachung festhalten, so Hölzls Resümee, aber nicht für 6,7 Millionen: Nötig sei die Rückkehr zu einer einfacheren Lösung. "Wir können uns finanziell nicht einseitig an so ein Projekt binden".

Vorsichtig ist man mit Schuldzuweisungen bei den Freien Wählern. "Wir wissen nicht, was so ein Stadion-Bau kostet. Sind uns nun immer falsche Sachen gesagt worden oder wussten es die Planer auch nicht", wundert sich Fraktionssprecher Richard Grimm. Die FW-Fraktion werde sich in ihrer nächsten Sitzung mit diesem Thema befassen "und dann gehen wir in die Haushaltsberatungen und schauen, was wir uns leisten können." Interessant wäre noch, ob die Teuerung beim Bau auch höhere Folgekosten nach sich ziehe, so Grimm, der sich ansonsten festlegt: "Wichtiger ist mir, dass wir das Hallenbad bauen können, weil das mehr Leute brauchen."

"Extrem geschockt" zeigte sich Finanzreferent Ulrich Vogl von der Kostenexplosion und davon, dass "die Projektsteuerung total aus dem Ruder gelaufen ist". Er denke aber, "dass sich die Mehrheit der Stadträte jetzt besinnt und nicht wieder hopplahopp eine Entscheidung fällt". Man müsse schlicht noch mal nachdenken, ob sich die Stadt die Eishalle leisten könne. Für ihn selber seien schon die ganz am Anfang genannten Kosten von 3,5 Millionen Euro "grenzwertig" gewesen: "Wenn man derartige Summen für jeden Verein investieren würde . . .". Sicher gebe es auch ein gewisses öffentliches Interesse an dem Stadion, räumt Vogl ein: Um festzustellen, wie groß dieses ist, würde er jedoch ein Ratsbegehren und einen Bürgerentscheid für den richtigen Weg halten. Vogl: "Der Antrag kommt - wenn der Stadtrat mitspielt und die Bürger in einem Bürgerentscheid dem Stadion zustimmen und dafür in Kauf nehmen, dass andere Projekte erst später umgesetzt werden, dann ist das in Ordnung."

© SZ vom 18.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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