Undurchsichtige Sammlung:Für Bedürftige oder für die eigene Tasche?

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Ein Container der Sammelaktion "Engelshände". So mancher fragt sich, ob die Spenden tatsächlich bei bedürftigen Menschen ankommen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die "Engelshände" werben wieder um Spenden für bedürftige Menschen und appellieren an die christliche Nächstenliebe. Von offiziellen Kirchenvertretern werden sie kritisch beäugt.

Von Christian Gschwendtner, Freising

So mancher Freisinger dürfte bei der Sichtung der Post in den vergangenen Tagen gestutzt haben. In einigen Briefkästen fand sich nämlich eine Botschaft der "Engelshände". Genauer genommen ein Flyer - verbunden mit dem Aufruf: "Spenden statt wegwerfen". Jeder, der Sachgegenstände übrig hat, so ist darauf zu lesen, soll sich telefonisch melden. Die "Engelshände" würden dann einen Abholer vorbeischicken.

Die Sache klingt ernst, auf dem Flyer prangen sechs rote Ausrufezeichen. Gesucht wird so gut wie alles: Kleidung, Haushaltswaren Kinderräder. Zugute kommen soll es hilfsbedürftigen Menschen in Ungarn, so lautet die Mission der "Engelshände".

Auf den Flyern ist eine Kirche abgedruckt

In Freising sind sie mittlerweile alte Bekannte. Es ist nicht die erste Sammelaktion, welche die selbst erklärten Engel im Landkreis starten. Stets appellieren sie dabei an christliche Nächstenliebe und Solidarität. Von offiziellen Kirchenvertretern werden sie eher kritisch beäugt. Nicht gern gesehen wird, dass auf den Flyer ein kirchliches Gotteshaus zu sehen ist. Weil dadurch der Anschein entstehen könnte, es handele sich um eine offizielle Aktion der katholischen Kirche, was nicht der Fall ist. Pfarrer Axel Windecker von der Pfarrei St. Lantpert will den "Engelshänden" gar keine bösen Absichten unterstellen. "Das kann alles völlig in Ordnung sein, muss es aber nicht", sagt er. Ihm fehlt ein offizielles Siegel, eine unabhängige Instanz, die dafür bürgt, dass die Spenden auch wirklich bei bedürftigen Ungarn ankommen.

Rein formal ist an der Sammelaktion nichts zu bestanden. Sie wurde dem Landratsamt gemeldet und von diesem auch genehmigt. Neben dem Abholservice verfügen die "Engelshände" noch über einen Container für Kleiderspenden. Der steht auf Privatgrund, an der Düwellstraße Ecke Prälat-Michael-Höck-Straße. Die Stadt Freising gestattet nämlich nur Wohlfahrtsorganisation wie dem Roten Kreuz Container auf öffentlichem Grund aufzustellen. Aus Platzgründen, wie Pressesprecherin Christl Steinhart mitteilt.

Dahinter steht ein einfaches Zwei-Personen-Unternehmen

So spirituell der Name "Engelshände" klingen mag, es handelt sich um ein einfaches Zwei-Personen-Unternehmen. Hinter der Aktion stehen ein Mann und eine Frau. Beide stammen sie aus Ungarn, leben aber seit einiger Zeit im Landkreis Freising. Als Anschrift geben die "Engelshände" eine Adresse an der Wippenhauser Straße an. Nachlesen kann man das alles auf der engelseigenen Website. Zu sehen sind dort ebenso Bilder von glücklichen Kindern, die belegen sollen, dass die Sachgüter diejenigen erreichen, die wirklich Unterstützung brauchen. Auf der Internetseite stößt man ebenfalls auf einen Brief, der auf Deutsch verfasst ist. Ein offenbar ungarischer Pfarrer, der Gábor Elemér heißt, bestätigt dort "1 Tonne Sachspenden von Engelshände erhalten zu haben".

Im Landkreis sind Altkleider-Sammlungen in den vergangenen Jahren in Verruf geraten. Nicht selten tummeln sich dubiose Firmen und gewerbliche Second-Hand-Sammler auf diesem Gebiet: Sie geben an, für den guten Zweck unterwegs zu sein, wirtschaften am Ende aber nur in die eigene Tasche. Die Frau, die sich unter der Telefonnummer der "Engelshände" meldet, kennt solche Fälle. Was die Leute über ihre Aktion denken, sei ihr aber wurscht. "Wenn jemand helfen will, dann kann er helfen", sagt die Frau. Ihren Namen will sie nicht nennen. Etwa alle drei Monate würden sie Spenden nach Ungarn transportieren. Je nachdem wie viel Zeit und Geld gerade übrig sei. Hauptberuflich führt der Mann ein Reinigungsunternehmen im Landkreis. Pfarrer Axel Windecker hat die beiden Ungarn persönlich kennengelernt. Auf ihn machen sie einen unglaublich engagierten Eindruck. Die Hand ins Feuer legen wolle er für ihre Aktion aber nicht.

© SZ vom 06.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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