S-Bahn-Chaos:Genervte Blicke auf die Uhr

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Mitarbeiter des Flughafens weisen den gelandeten Passagieren den Weg zum Schienenersatzverkehr. (Foto: Marco Einfeldt)

Eine Stellwerkstörung legt den S-Bahn- und Regionalzugverkehr zum Münchner Flughafen lahm. In Freising und Neufahrn müssen die Gestrandeten zusehen, wie sie in überfüllten Bussen und Taxis zum Airport kommen

Von Birgit Grundner und Laura Dahmer, Freising/Neufahrn

Eine Stellwerkstörung am Münchner Flughafen hat von Donnerstagabend bis in den späten Freitagnachmittag hinein den gesamten Zugbetrieb lahmgelegt. Weder die S 8 noch die S 1 oder die Regionalzüge aus Regensburg konnten den Flughafen anfahren. Ab Neufahrn und Ismaning wurde Schienenersatzverkehr (SEV) eingesetzt. Viele Reisende strandeten in Neufahrn und Freising. Erst um 15.30 Uhr nahmen die ersten Pendelzüge wieder den Betrieb auf.

Es war alle 20 Minuten das gleiche Bild: Eine S-Bahn aus München macht Halt in Neufahrn, und jedes Mal füllt ein ganzer Strom von Reisenden den Bahnhofsvorplatz. Sie schleppen Koffer, tragen kleine Kinder und sehen genervt auf die Armbanduhr. Wie es weitergehen soll, ist den meisten noch nicht klar. Die Busse, die zunächst kommen, sind Linienbusse und fahren nicht zum Flughafen. Die wenigen Taxis bieten wiederum bei weitem nicht genug Platz. "Zwei Plätze hätte ich noch", ruft ein Fahrer am Eingang zur Bahnunterführung in Richtung Bushaltestelle. Deutlich mehr als zwei Reisende steuern zielstrebig auf ihn zu. Gastwirt Günter Maisberger hat das Fenster seiner Wirtschaft weit geöffnet und beobachtet das Treiben vor seinem Lokal - halb amüsiert, halb mitfühlend. Regelmäßig wiederholen sich solche Szenen, sagt er kopfschüttelnd, aber irgendwie sei die Bahn nicht in der Lage, das Problem dauerhaft in den Griff zu kriegen. Gelassen bleibt ein Mann in Arbeitskleidung, der am Flughafen beschäftigt ist und so etwas nicht zum ersten Mal erlebt. Von den Störungen hat er am Abend vorher gehört, war aber überzeugt, dass das bis zum nächsten Tag behoben sein würde. Andernfalls, sagt er, wäre er niemals in Neufahrn ausgestiegen, sondern nach Freising und von dort weiter zum Airport gefahren. Wenig später kommt ein Bus, der zumindest als "Schienenersatzverkehr" ausgewiesen ist, aber so voll ist, dass längst nicht alle einsteigen können. Kurz darauf kommt der nächste Bus, und das Spektakel wiederholt sich.

Viele Reisende fahren stattdessen weiter bis Freising. Dort sammelt sich alles am kleinen Bussteig der Linie 635, die im 20-Minuten-Takt zum Flughafen fährt. Die Freundinnen Monika und Claudia stehen schon länger dort. In den ersten Bus sind sie nicht mehr reingekommen, er war zu voll. "Dass die S-Bahn nicht zum Flughafen fährt, haben wir erst beim Einsteigen gesehen", erzählt Monika. In der MVG-App habe es keinerlei Hinweis auf die Störung gegeben. Auf dem Bussteig um sie herum wird es langsam unruhig, der Bus hat Verspätung. Erst 15 Minuten später rollt er an und entleert etwa dieselbe Menge an Menschen, die sich auch am Bussteig quetscht. Gerade so passen alle in den Bus, an den folgenden Stationen wird Menschen-Tetris gespielt. Eine Familie mit Kinderwagen will rein, es muss Platz gemacht werden. "Ich muss an der nächsten Station raus, kann ich in Türnähe bleiben?", fragt eine Flugbegleiterin mit zwei Koffern. Plätze werden getauscht, es wird durchgerutscht und beim dritten Anlauf sind alle Türen wieder zu.

Als der Bus nach knapp 30 Minuten endlich am Flughafenterminal 1 ankommt: Stau. Taxis und Busse schlängeln sich die Serpentinen herunter, überall laufen Menschen mit Koffern über die Fahrbahnen. Auch der Busfahrer der 635 öffnet frühzeitig seine Türen und entlässt die schwitzende und genervte Menschenmenge hinaus ins Freie. Unten am Terminal ist derweil die Hölle los. Flughafenmitarbeiter weisen die in München gelandeten Flugreisenden, die in langen Schlangen aus dem Terminal rauskommen, zu den jeweiligen SEV-Bussen. Nach ein paar Minuten ist auch der Busfahrer der Linie 635 wieder da und bringt die Angekommenen zurück an den Freisinger Bahnhof. Dort wartet schon wieder die nächste Menschentraube, die sich am Bussteig drängt.

© SZ vom 28.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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