Ruhe am Himmel in Attaching:Endlich wieder schlafen

Lesezeit: 1 min

Ludwig Grüll von Plane Stupid genießt einfach nur die Ruhe und hört nach 29 Jahren in seinem Garten wieder die Vögel zwitschern

Von Nadja Tausche, Attaching

Was sich durch die Corona-Krise für ihn persönlich geändert hat? "Ich kann wieder richtig schlafen", sagt Ludwig Grüll, unmittelbarer Flughafenanwohner und Sprecher der Gruppe Plane Stupid Germany, die seit Jahren gegen den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen kämpft.

Normalerweise werde er um fünf Uhr morgens von Flugzeuggeräuschen geweckt, erzählt er - "und vor 24 Uhr geht mit Schlafen gar nichts." Seit die Zahl der Starts und Landungen am Flughafen so drastisch gesunken ist, könne er sich auf der Terrasse auch wieder mit seiner Familie unterhalten, ohne wegen des Lärms immer wieder Gesprächspausen einzulegen. Dazu komme die reine Luft ohne Kerosingeruch. Und: "Ich hätte nie gedacht, dass ich hier nach 28 Jahren noch einmal die Vögel pfeifen höre." 1992 wurde der Flughafen aus dem Erdinger Moos gestampft, aktuell fliege zwar immer noch ab und zu ein Flugzeug über sein Haus in Attaching, berichtet Grüll - im Vergleich zu den Jahren davor sei das aber "kein Vergleich." Trotz allem dürfe man natürlich nicht vergessen, betont er, welche schlimmen Auswirkungen die Corona-Krise für viele Menschen habe.

Ludwig Grüll hofft jetzt darauf, dass die Menschen umdenken. Immer schneller, höher, weiter, das sei einfach keine Option, sagt er: "Ich hoffe, dass sich die Menschen wieder auf das Wesentliche konzentrieren." Flugreisen gehören für Grüll nicht dazu, das ist klar. Immerhin sei der Flugverkehr verantwortlich dafür, dass sich das Corona-Virus so schnell auf der ganzen Welt ausgebreitet habe, sagt er. Ohne Flugreisen hätte das deutlich länger gedauert, meint er. Ob sich die Zahl der Flüge dauerhaft reduziert oder ob die Menschen nicht eher Flüge nachholen werden, könne man nicht sagen - zu befürchten sei es. Die Gruppe Plane Stupid selbst werde sich vorerst ein wenig zurücknehmen, berichtet der Sprecher. Seit Jahren organisieren die Mitglieder verschiedene Aktionen und Demonstrationen, um sich gegen den Bau der dritten Startbahn zu wehren. Weil man sich wegen der geltenden Ausgangsbeschränkungen aber sowieso nicht treffen dürfe, fahre man das Programm derzeit zurück, so Grüll.

© SZ vom 11.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: