Auch Reinigungskräfte sind vor dem digitalen Wandel nicht gefeit. Die Konkurrenz aus dem Internet wächst. Bereits seit einiger Zeit vermitteln findige Jungunternehmen aus Berlin Putzkräfte via Internet. Bisher meistens nur in deutschen Großstädten. Doch damit soll bald Schluss sein.
Der Deutschland-Chef des Branchenprimus "Helpling" lässt ausrichten, man sei zwar in Freising momentan noch nicht aktiv. Die Betonung liegt aber auf "noch nicht". Langfristig sei es sehr wohl das Ziel, den Putzservice auch in Kleinstädten anzubieten. Der ärgste Konkurrent "Book A Tiger" ist da weiter: Für 19,90 Euro pro Stunde kann man schon heute in Freising eine Putzkraft im Netz buchen.
Das Geschäftsmodell ist einfach erklärt. Die neuen Anbieter vermitteln auf ihren Onlineplattformen Putzkräfte zu Tiefpreisen und ohne viel Bürokratie. Nimmt eine Reinigungskraft den Auftrag an, kassieren die Betreiber eine Provision. Die Putzkräfte sind aber nicht bei Helpling, Book A Tiger und Co. angestellt, sondern arbeiten als Selbstständige. Putzeimer und Scheuermilch muss der Endkunde stellen.
Wie viele in Freising und Umgebung unter diesen Konditionen arbeiten, will Felix Bächter von Book A Tiger nicht verraten. "Geschäftsgeheimnis", sagt der Business Development Manager mit Sitz in Berlin. Konkurrent Helpling vermittelt in München bereits Reinigungskräfte im "mittleren dreistelligen Bereich", sagt PR-Managerin Svenja Gohlke.
Bei wachsender Billigkonkurrenz aus dem Internet erscheint es da fast verrückt, noch ein ganz reales Putzunternehmen im Ort zu gründen. Die Freisinger Gudrun Petz hat aber genau das getan. Sie hat am 7. November ihren Reinigungs- und Bügelservice "Happy Cleaners" an der Landshuter Straße 58 aufgemacht. Lehren sie die virtuellen Kontrahenten nicht das Fürchten?
"Nö, Angst hab ich keine", sagt Petz. Die 33-Jährige ist fest davon überzeugt, dass die Kunden nicht nur auf den Preis schauen. Das Vertrauen zu demjenigen, den man sich da in die eigenen vier Wände holt, hält Petz für mindestens genauso wichtig. "Von 99 Prozent meiner Kunden habe ich den Hausschlüssel", erklärt Petz.
Die "Happy Cleaners" sind nicht der erste Versuch von Petz, sich selbständig zu machen. Sie hat es schon einmal mit einem Fahrservice und einem Getränkelieferdienst probiert. Als die Versuche fehlschlugen, wechselte sie zurück in ihren ursprünglichen Beruf, arbeitete wieder als Bürokauffrau in einer Münchner Hausverwaltung - und hat nebenbei eine Nachbarschaftshilfe ins Leben gerufen. Das ist mittlerweile alles passé.
Die junge Freisingerin will sich nun ganz ihrem neuen Ein-Frau-Unternehmen widmen. "Einige haben am Anfang gesagt: haha, jetzt probiert sie es schon wieder." Die Freunde hätten sie aber ermutigt, genau diesen Schritt zu gehen.
Wie weit sie sich damit auf das Terrain der Internetvermittler begibt, sieht man auf der Website von Petz. Die "Happy Cleaners" werben mit dem Slogan: "So geht sauber heute!" Das klingt fast identisch wie beim Berliner Start-up Helpling. Auf grünem Hintergrund prangt dort der Spruch: "So einfach geht sauber."
Auch wenn Gudrun Petz mit Qualitätsarbeit und persönlicher Bindung überzeugen will, dem Preisdiktat der Putzbranche kann sie sich nicht entziehen. Wer die Freisinger Nummer der "Happy Cleaners" wählt, der landet bei einer Telefonvermittlung in Frankfurt. Dort werden dann die Telefonbestellungen aufgenommen.
Neben ihrer Arbeit als Putzfrau und dem Bügelservice hat sich Gudrun Petz noch ein weiteres Standbein aufgebaut: Sie bietet zusätzlich Housekeeping und die Betreuung von Haustieren an. Im Endeffekt folgt sie damit den Internetpionieren. Diversifizierung steht auch auf dem Portal "Familienhelfer.de" hoch im Kurs, das Helpling erst vor kurzem aufgekauft hat. Ab 16,10 Euro die Stunde kann man dort eine flexibel einsetzbare Haushaltshilfe für den Freisinger Raum buchen. Steuern und sonstige Abgaben inklusive. In München sind entsprechende Dienstleistungen sogar schon ab einem Stundentarif von 8,80 Euro zu haben.
Die Internetvermittler schreiben sich auf die Fahnen, mit ihren Billigpreisen eine Alternative zur illegalen Beschäftigung zu geben. Laut Bundesfamilienministerium arbeiten 66 bis 95 Prozent der Putzkräfte in Deutschland schwarz. Auch Petz kennt einige solcher Fälle. Sie hofft aber, dass die Leute die Risiken, die eine illegale Anstellung mit sich bringt, nicht vergessen. Über mangelnde Reinigungsaufträge kann sie sich nicht beschweren. Sie ist ausgebucht. Genauso wie die Vorweihnachtstermine bei Book A Tiger in Freising.