Reden wir über:Trost im Trauer-Café

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Johanna Blank, ausgebildete Trauerbegleiterin, leitet das Trauer-Café in Neufahrn. (Foto: privat)

Johanna Blank bietet in Neufahrn Treffen für verwaiste Eltern an

interview Von Birgit Grundner

In Neufahrn gibt es künftig ein offenes Trauer-Café. Jeden zweiten Freitag im Monat können trauernde Eltern zwischen 14 und 16 Uhr in das katholische Pfarrbüro, in den Raum Sankt Margreth, kommen und sich austauschen. Die Leitung übernimmt die ausgebildete Trauerbegleiterin Johanna Blank (56) aus Giggenhausen. Sie ist auch selbst betroffene Mutter.

SZ: Was erwartet die Eltern im Trauer-Café?

Blank: Es ist ein offenes Treffen, das alle Eltern ansprechen soll - egal wie lange der Verlust zurückliegt und in welchem Alter sie ihr Kind verloren haben.

Und es soll ein überkonfessionelles Treffen sein?

Wir werden gemeinsam Kaffee oder Tee trinken, Kuchen essen und uns in lockerer Atmosphäre einfach erst einmal kennen lernen. Ich will kein starres Konzept, sondern darauf eingehen, was gerade ansteht. In der Runde kann jeder erzählen, was ihn bewegt und belastet. Wir wollen uns Zeit nehmen zum Erzählen und Zuhören, zum Weinen, Schweigen, zum Lachen und Danken. Wenn jemand einfach nur dabei sein mag, ohne zu reden, darf das sein. Und wenn ein frisch Betroffener mehr Unterstützung braucht, soll das möglich sein. Wir werden immer in einem kleinen Ritual für jedes Kind eine Kerze entzünden und so unsere Kinder mit in den Kreis nehmen.

Sie organisieren schon länger einen offenen Trauer-Stammtisch im Gasthof Maisberger - den nächsten am Freitag, 18. September. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Es kommen regelmäßig Paare und eine allein stehende Mutter aus allen Altersgruppen, die ihre Kinder verloren haben. Bei manchen ist der Verlust noch ganz frisch, andere sind schon seit zehn Jahren beim Verein "Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister" in München. Ein Ehepaar musste im vergangenen Jahr seinen Sohn mit 51 Jahren zu Grabe tragen. Die gleiche schmerzliche Erfahrung gemacht zu haben verbindet, und der Erfahrungsaustausch tut gut und gibt neue Orientierung. Das Treffen findet aber mitten in der Wirtschaft statt, da ist auch ein gewisser Lärmpegel. Da kann man die Trauer nicht so zulassen, Kerzen aufstellen oder Rituale durchführen. Deshalb möchte ich jetzt einen weiteren Treffpunkt anbieten.

Sie sind selbst als Betroffene dazu gekommen.

Ich habe meinen Sohn vor vier Jahren verloren. Man kann den Tod eines Kindes nicht überwinden, aber man kann lernen, damit zu leben. Ich habe erlebt, dass Trauer sich verwandelt. Wenn Betroffene sehen, dass man irgendwann wieder in der Lage ist, vorwärts zu schauen und "trotzdem" Freude zu haben im Leben, dann gibt ihnen das Mut. Über die "Verwaisten Eltern" habe ich eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin gemacht: ein halbes Jahr lang Wochenend-Seminare. Daraufhin habe ich den offenen Trauer-Stammtisch ins Leben gerufen. Man möchte über sein Kind reden und erzählen, wie andere es eben auch tun. Aber man trifft immer wieder auf Menschen, die mit diesem Thema nicht umgehen können und es vermeiden. Man versteht nicht, wenn jemand "immer noch" trauert oder hört vermeintliche Tröstungen wie: "Du hast ja noch ein zweites Kind". Bei Treffen mit Gleichgesinnten ist das anders. So ein Verlust begleitet einen ein ganzes Leben lang. Wir sind dankbar für die Zeit, die wir mit unseren Kindern hatten - und wir wollen wieder vorwärts schauen, das würden auch unsere Kinder so wollen.

© SZ vom 11.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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