Reden wir über:Die Zukunft der Hebammen

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Foto: Marco Einfeldt (Foto: N/A)

Annette Fußeder über einen Schiedsspruch im Haftpflichstreit

Interview von Gudrun Regelein

Viele Monate lang bangten die Hebammen um ihre Existenz. Die meisten konnten sich die immer extremer steigende Haftpflichtversicherung kaum mehr leisten - viele standen vor dem beruflichen Aus. Mit einem Schiedsspruch wurde nun vor kurzem eine Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen und dem Deutschen Hebammenverband getroffen. Die SZ sprach mit der Hebamme und Leiterin der Elternschule Freising, Annette Fußeder, die über die jüngste Entwicklung nicht besonders glücklich ist.

SZ: Sie sind nicht erleichtert über den Schiedsspruch?

Annette Fußeder: Nein, ganz und gar nicht. Die Entscheidung ist eine Katastrophe und schwächt den Berufsstand erneut. Für die Hausgeburtshilfe könnte der Schiedsspruch, der ja, wie der Name schon sagt, keine Einigung ist, das Ende bedeuten.

Die Situation der Hebammen hat sich also nicht verbessert?

Nein, sie hat sich verschlechtert. Das finanzielle Risiko, das bereits viele Kolleginnen zum Aufhören gezwungen hat, wird eher größer. Das betrifft alle Hebammen, nicht nur diejenigen in der Hausgeburtshilfe. Auch werden die Hebammen immer mehr in ihren Kompetenzen beschnitten. Leidtragende sind natürlich aber auch die Frauen, denen man die freie Wahl des Geburtsortes und einer sicheren Eins-zu-eins-Betreuung nimmt. Mehr und mehr Kolleginnen schmeißen das Handtuch, vor allem in der Geburtshilfe. Da kann man sich ja selbst ausrechnen, dass immer mehr Frauen auf immer weniger Hebammen treffen - sowohl im Kreißsaal, als auch in der Wochenbettbetreuung.

Gibt es denn im Landkreis noch genügend Hebammen?

Es ist nicht mehr sicher, dass jede Frau eine Hebamme zur Wochenbettbetreuung findet, obwohl wir unser Bestes geben. Kürzlich war in der Zeitung zu lesen, Freising sei der geburtenstärkste Landkreis in Bayern. Das macht sich deutlich bemerkbar und vor allem in den Urlaubsmonaten ist der Engpass sehr groß.

Aber Eltern müssen nicht befürchten, nicht mehr betreut zu werden?

Wie gesagt: wir können nicht mehr garantieren, dass jede Frau eine Nachsorge-Hebamme findet, obwohl wir unser Möglichstes tun. Auch in den Kliniken kann längst keine Eins-zu-eins-Betreuung mehr geleistet werden, obwohl genau das eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine gut verlaufende, komplikationsfreie Geburt wäre.

Glauben Sie, dass Ihr Beruf - einer der ältesten überhaupt - eine Zukunft hat?

Ich hoffe es. Zurzeit wird einem der Glaube daran aber sehr schwer gemacht.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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