Forschung:Pflanzen behalten einen kühlen Kopf

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Im Grünen erkennt man Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (links ) und Peter Doleschel (Projektleitung LFL). (Foto: Marco Einfeldt)

Die Landesanstalt für Landwirtschaft betreibt seit kurzem ein Niedrigenergie-Gewächshaus. Erforscht wird unter anderem, ob sich Pflanzenwachstum durch den gezielten Einsatz bestimmter LED-Leuchten beeinflussen lässt

Von Petra Schnirch, Freising

In herkömmlichen Gewächshäusern staut sich an heißen Sommertagen die Hitze - und vielen Pflanzen bekommt das gar nicht. Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LFL) zeigte am Freitagnachmittag an der Steinbreite in Freising, wohin der Weg gehen könnte. Sie stellte ihr neues Niedrigenergie-Gewächshaus vor. Auch Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner machte sich ein Bild von der innovativen Entwicklung. Durch die Isolierung und eine spezielle Beleuchtung lässt sich der Verbrauch im Vergleich zu einfach verglasten Bauten um bis zu 80 Prozent reduzieren.

Die ersten Erfahrungen sind vielversprechend: Trotz der hohen Temperaturen im Juli und August habe man die Räume nicht aktiv kühlen müssen, sagte Peter Doleschel, Leiter des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der LFL. Ein weiterer Clou ist die Beleuchtung: Die Landesanstalt testet den Einfluss verschiedener LED-Leuchten auf das Pflanzenwachstum in dem in drei Abschnitte unterteilten Gewächshaus. Sie kombiniert in dem Pilotprojekt also Energieeffizienz und Pflanzenzüchtung.

Wirkt das Licht mit hohem Rot-Anteil in der Mitte auf den Menschen eher grell und unangenehm, soll es vor allem das Wachstum krautiger Pflanzen fördern. Das Lila im hinteren Teil - mit viel Blau - soll gut für Blüten und Samenträger bis zur Ernte sein. Vom weißen Licht ganz vorne - mit Grün-Anteil - profitieren vor allem Jungpflanzen und Sämlinge. Darauf lassen zumindest wissenschaftliche Untersuchungen schließen. An der LFL will man nun im Praxistest überprüfen, ob sich das Pflanzenwachstum tatsächlich durch den gezielten Einsatz bestimmter LED-Leuchten beeinflussen lässt. Der Haken dabei: Nicht jede Pflanze reagiert gleich.

Der etwa 280 Quadratmeter große Neubau könnte auch ein Prototyp für weitere Gewächshäuser der Landesanstalt werden. Diese sind seit 1985 nördlich der Langen Point entstanden und mittlerweile in die Jahre gekommen. Mittelfristig sollen sie deshalb erneuert werden. Bis es soweit ist, will man an der Landesanstalt Erfahrungen mit modernen Technologien sammeln.

Das Besondere an dem Neubau, der etwa 750 000 Euro gekostet hat, ist die Traufhöhe von fünf Metern. Dadurch könne die Luft immer zirkulieren, erklärte Doleschel. Die Wärme steigt nach oben, "die Pflanzen behalten einen kühlen Kopf", schilderte LFL-Mitarbeiter Rudolf Rinder. Die Glashülle ist energieeffizient, lässt aber trotzdem viel Licht durch. Die Metallträger sind vollständig isoliert, dadurch entstehen keine Kältebrücken. Zwei große Energieschirme, die ausgefahren werden können, trennen nachts den Dachbereich ab und halten so die Wärme im Gewächshaus. Weitere Finessen sind eine Untertisch-Rohrheizung für eine optimale Heizlastverteilung und eine Klimaregelung für Licht, Luft, Wasser, Wärme und Nährstoffe. Durch Rolltische lässt sich die Fläche optimal nutzen. Realisiert hat die Landesanstalt das Projekt gemeinsam mit dem Staatlichen Bauamt und einem Gewächshausplaner. Baubeginn war im September 2014, im März war das Haus fertig. Am Freitag ging es nun auch offiziell in Betrieb.

Die LED-Leuchten stammen aus Finnland und Dänemark. Umfassendere Experimente über ihre spezifische Wirkung auf das Pflanzenwachstum gibt es bisher nicht. Deshalb ist man an der Landesanstalt gespannt auf die Ergebnisse.

In Zeiten, in denen Öl- und Energiepreise sinken, könnte man die Erprobung eines energieeffizienten Gewächshauses womöglich für überflüssig halten, sagte Jakob Opperer, Präsident der Landesanstalt. "Aber die Forschung denkt nicht kurzfristig - wir müssen für die Zukunft vorsorgen."

Landwirtschaftsminister Brunner sagte, die Landesanstalten in Bayern seien "unser Trumpf". Sie sind dem Ministerium unterstellt und leisten praxisorientierte Forschung, von der die Landwirtschaft später profitieren soll. "Was wir hier sehen, ist ein Stück Zukunft", sagte der Minister, Ziel sei es, "Vorreiter und Schrittmacher" zu sein.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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