Poetry Slam für Einsteiger und Fortgeschrittene:Hamburger, Fritten und der erste Kuss

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Philipp Potthast versteht sich in der Kunst des Reimens. (Foto: Marco Einfeldt)

Poetry Slammer Philipp Potthast trägt beim Kulturempfang der Stadt eine Ode an sein Freising vor

Von Peter Becker, Freising

Die Menschen hatten die Nase voll von Petrus. Der soll der Legende nach für das Wetter zuständig sein. "Ein echter Wetteran", sagte Philipp Potthast, der die Gäste beim Freisinger Kulturempfang in die Künste des Poetry Slam einweihte. Zumindest diejenigen, die bislang mit der modernen Form des Reimens nicht so vertraut waren. Die Geschichte ging amüsant und lehrreich weiter. Die Menschen setzten Petrus kurzerhand ab und ein Consultant Agent übernahm das Kommando. "Die Menschen waren begeistert", trug Potthast vor. Das Wetter war zwar fortan vornehmlich grau, doch das störte niemanden. Viel schlimmer war, dass am Ende der Tagesschau plötzlich eine Lücke klaffte, die sonst der Wetterbericht ausfüllte. Ein Grundbestandteil des gepflegten Small Talks fehlte auf einmal. Die Menschen pflegten auf einmal "ehrliche Kommunikation", was zu schweren Konflikten führte. Am Ende greift Petrus mit Naturgewalten und Kugelblitzen ein, um das Chaos auf Erden zu bändigen.

Dies ist eine der drei Geschichten, die Potthast vortrug. Eine andere handelte von seiner Beziehung zu Freising, "die Stadt, wo die Moosach mehr Arme hat als die indische Göttin Kali". Die wird traditionell mit deren vier bis zehn derselben dargestellt. Seinen ersten Kuss, verriet Potthast, habe er an so einem unromantischen Ort wie dem Parkplatz beim McDonalds erhalten. Und jetzt habe er die Stadt seiner Kindheit und Jugend verlassen, um des Studiums halber nach München zu ziehen. Wer will, kann Potthast im Herbst auf der Bühne des Lindenkellers bewundern. Am Poetry-Slam-Wettbewerb wird er dort nicht mehr teilnehmen, sondern nur noch als Moderator.

Zuvor hatten Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbach und Kulturreferent Hubert Hierl den Kulturschaffenden ihren Dank für deren Engagement ausgesprochen. Das ganze Angebot sei so groß, lobte Eschenbacher, dass man sich schier teilen müsste, um alles genießen zu können. Immer wieder gebe es neue Ideen. Eschenbacher erinnerte an die Sporrer-Bierkeller, die der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht würden. Die Stadt habe endlich mit der seit vielen Jahren angedachten Sanierung des Asamkomplexes begonnen. "Wir stecken großes Geld in das Gebäude", betonte Eschenbacher. Dazu seien der Lindenkeller als alte Spielstätte wiedereröffnet und die Luitpoldhalle als neue entdeckt worden. Trotz der vielen Baustellen in Freising gebe es aber keinen Abbruch im Kulturprogramm der Stadt, sagte Eschenbacher.

Kulturreferent Hierl berichtete von einem Erlebnis, das er kürzlich bei den neuen Freisinger Brückenheiligen hatte. Da diskutierte eine Reihe von Jugendlichen vor dem modernen Bildnis der Muttergottes Maria. Jeder habe eine eigene Meinung dazu gehabt. Vor dem Heiligen Bonifatius stand ein Mann, der sagte, er habe einmal eine Figur betrachten wollen, die aus einem Drei-D-Drucker stamme. "Freising ist im digitalen Zeitalter angelangt", betonte Hierl.

Der Kulturreferent sinnierte darüber, was einst unsere Nachfahren über die Einträge in soziale Medien urteilen mögen. Vielleicht, mutmaßte er, sagen sie: "Die haben sich damals was getraut." Was den Künstler beim Kulturempfang angeht, war Hierl wohl mit dessen Namen vertraut. Was es aber mit der Kunst des Poetry Slam auf sich hat, musste der Kulturreferent passen. "Da hab ich erst mal im Internet nachgeschaut, was das überhaupt ist", gestand Hubert Hierl freimütig.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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