Pläne für den Freisinger Waldfriedhof:Die Natur wirken lassen

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Landschaftsarchitektin Charlotte Reitsam hat sich mit Freisings Waldfriedhof befasst. Sie schlägt vor, den schmucklosen Betriebshof für ein überkonfessionelles "Friedensmahnmal" aufzulösen

Von Peter Becker, Freising

Ein Schmuckstück ist der Betriebshof auf dem Gelände des Waldfriedhofs bestimmt nicht. Der Zweckbau verschlingt obendrein etliches Geld an Bauunterhaltskosten, war aber immerhin Anlass für ein Konzept, das Landschaftsarchitektin Charlotte Reitsam erarbeitet hat und das sie vor Kurzem im Planungsausschuss des Stadtrats vorgestellt hat. Es sieht vor, den Betriebshof aufzulösen. Fahrzeuge des Friedhofbetreibers könnten im Verwaltungsgebäude unterkommen. Anstelle des Betriebshofs könnte am westlichen Rand ein größerer Aufenthalts- und Kommunikationsraum entstehen. Dieser könnte als "Friedensmahnmal" überkonfessionell und international angelegt und mit einer Urnenmauer umfriedet sein. Insgesamt sollen künftig moderne Bestattungsformen auf dem Waldfriedhof Einzug halten.

Das Konzept von Charlotte Reitsam sieht nur behutsame Eingriffe in den neun Hektar großen Waldfriedhof vor, der als Parklandschaft zu begreifen ist. Geplant hat ihn 1946 der Architekt Bruno Biehler. Dieser war in den Dreißigerjahren sehr erfolgreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste er sich wegen seiner Beteiligung am Bau der Führersiedlung im österreichischen Linz und seiner Zugehörigkeit zur SA in einem Entnazifizierungsverfahren verantworten. Er wurde als Mitläufer eingestuft. Charakteristisch für die damalige Planung war der ländlich gehaltene Stil der Bauwerke, die geschwungenen Kieswege und ein Holzzaun als Begrenzung. In den Fünfzigerjahren wich der Stadtrat von den Plänen Biehlers ab und beauftragte 1959 den Gartenarchitekten Kurt Rieger mit der Gestaltung des Waldfriedhofs. Der änderte den Entwurf seines Vorgängers maßgeblich ab. Baumreihen und Alleen ersetzte Rieger durch ausgedehnte Grünflächen. Dazu entwarf er eine Weghierarche mit Haupt- und Nebenwegen, die an die Höhenlinien des Geländes angepasst ist. Charlotte Reitsam kommt zu dem Schluss, dass das Waldfriedhofskonzept der Fünfziger- und Sechzigerjahre "große Qualitäten" aufweist, die es hinsichtlich des verwendeten Materials und der räumlichen Struktur zu erhalten gelte.

Etwa 5500 Grabstätten umfasst das Gelände derzeit. Die Bestattungsformen haben sich im Lauf der Jahrzehnte geändert. Die in der Gegenwart häufigste Form ist die der Einäscherung mit anschließender Urnenbestattung. Dementsprechend könnten im Waldfriedhof weitere Kolumbarien entstehen, so auch an der Stelle des Betriebshofs. Weil die bestehenden so gut wie belegt sind, müsste kurzfristig eine Lösung gefunden werden. Laut Charlotte Reitsam besteht eine erhöhte Nachfrage nach Baumbestattungen. Sie ist derzeit für den nördlichen Teil des Friedhofs vorgesehen, der vom Kreuzweg her einen weiteren Zugang erhalten könnte. Im Nordwesten der Anlage gibt es eine Erweiterungsfläche, die für das muslimische Gräberfeld oder für Grabfelder anderer Konfessionen vorbehalten ist. Die Wege sollten weiterhin aus Asphalt und Kies bestehen. Die Zahl der Parkplätze könnte durch Schrägparken erhöht werden. Weitere Stellplätze stehen an der Wieskirche oder im Steinpark zur Verfügung. "Wir sollten die Natur wirken lassen", sagte Charlotte Reitsam. Der Zeitgeist sollte so weit wie möglich außen vor bleiben.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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