Palzing:Effizient und kostengünstig

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An einem Hang im Ampertal werden erstmals Ziegen zur Landschaftspflege eingesetzt. Den Menschen erspart das eine Art Sklavenarbeit bei der nötigen Rodung, den Tieren ein Ende beim Schlachter

Von Katharina Aurich, Palzing

Vorsichtig knabbern sie mit ihren empfindlichen Mäulern die Blätter der kleinen Bäume, Brombeersträucher oder Brennnesseln ab. Behende klettern sie über Äste, stellen sich auf die Hinterbeine und recken ihre Köpfe nach oben, um die jungen, schmackhaften Triebe zu erwischen. 25 Ziegen sind auf dem 2,5 Hektar großen, steilen Hang des Ampertals bei Palzing unterwegs und betreiben auf schonende, leise Art Landschaftspflege. Dicke Stämme lassen sie allerdings stehen, die muss der Ziegenhalter mit der Motorsäge nachschneiden.

Dies sei das erste Beweidungsprojekt mit Ziegen, freut sich Matthias Maino, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands Freising, der das Projekt organisiert, beim Anblick der Tiere. Die Ziegen betrieben effizient Landschaftspflege, ohne Maschinen und fast ohne menschlichen Arbeitseinsatz. Für Menschen wäre nämlich die Rodung eines solchen Hanges extrem anstrengend und fast wie "Sklavenarbeit", so Maino. Außerdem seien die Ziegen wesentlich kostengünstiger.

Den Ziegen schmeckt's. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Fläche gehört der Gemeinde Zolling, die das dreijährige Projekt zur Etablierung einer artenreiche Wiese mit 16 000 Euro finanziert und sie dann ihrem Ökokonto gut schreiben wird. Bisher war der Hang vollkommen mit Bäumen und Gestrüpp überwuchert. Es werde drei Jahre dauern, bis sich durch die Ziegenbeweidung die Vegetation so verändere, dass ein vielfältiges Biotop entstehe, auf dem Orchideen wachsen oder sich der seltene Malvendickkopffalter ansiedele, schildert Projektleiter Tobias Oehmen. Eine solche Steilkante an der Amperleite sei "ultra selten", denn die Amper, die früher einmal das ganze Tal ausfüllte, habe hier "den Hang abgeschält", erklärt Matthias Maino.

Nach langjährigen Verhandlungen mit dem Eigentümer sei es zunächst dem Landkreis Freising gelungen, diese für den Naturschutz später einmal wertvolle Fläche zu kaufen. Denn an dem steilen Hang könne man keine Landwirtschaft betreiben, so Maino, aber die exponierte Südlage eigne sich hervorragend als Lebensraum für alle Wärme liebenden Tiere und Pflanzen wie den wilden Thymian, die Karthäusernelke, den Kreuzenzian oder den Bläuling, eine Schmetterlingsart, die in der ausgeräumten Agrarlandschaft ansonsten keinen Platz mehr fänden.

Mampfend beteiligen sie sich an einem steilen Hang bei Palzing an der Landschaftspflege. (Foto: Marco Einfeldt)

Die "Hauptpersonen" am Hang sind im Moment jedoch nicht die seltenen Arten, sondern die Ziegen von Stefan Mayr. Er hält zwei Herden von jeweils 25 Tieren für die Landschaftspflege. Seine zweite Herde sei im Moment im Weltwald "engagiert", um neun Hektar Wiesen abzugrasen. Die Tiere wählen mit ihren Lippen die Gräser und Blätter, auch dornige Brombeeräste und sogar Springkraut aus und schneiden sie mit ihren Zähnen säuberlich ab. Als Wiederkäuer schließen sie die Pflanzen in ihren Mägen auf und wandeln sie zu menschlich verwertbaren Produkten wie Milch um, wie Mayr sagt.

Die ersten beiden Ziegen bekam er vor 15 Jahren geschenkt, immer wieder wurden ihm herrenlose Tiere, bevorzugt auch trächtige Weibchen, gebracht. Vor fünf Jahren begann er, seine inzwischen angewachsene Herde, eine bunte Mischung aus Tauernschecken, Walliser- und Burenziegen, für die Landschaftspflege einzusetzen. Eine Bedingung müssten die Tiere, die bis zu 20 Jahre alt werden, allerdings erfüllen, wenn sie bei ihm bleiben und damit dem Schlachter entgehen wollten, schildert Mayr: "Sie müssen stehen bleiben, wenn ich komme, und dürfen nicht vor mir weglaufen." Jede Ziege in seiner Herde habe einen Namen und komme auf Zuruf. Alle vier bis sechs Wochen müssten ihre Klauen geschnitten werden, unter anderem dafür sei es wichtig, dass die Ziegen stehen bleiben.

Wenn die Tiere zu neuen Flächen gebracht werden, läuft die Herde nach dem Ausladen brav hinter Mayr her zum neuen Weidegrund. Dieser sei immer eingezäunt, betont der Ziegenhalter. Als Wetterschutz bekommen die Tiere einen Anhänger mit Dach, auf oder unter dem sie gerne ruhen. Matthias Maino ist von der Ziegenherde als Landschaftspfleger begeistert: "Es werden sicher noch weitere Projekte folgen, um auf extensiven Standorten, die für die Landwirtschaft uninteressant sind, artenreiche Flächen für den Naturschutz zu entwickeln."

© SZ vom 09.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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