Nur noch Milch und Sahne:Arbeitsplätze in Gefahr

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Überraschende Pläne der Müller-Gruppe: Weihenstephaner Joghurt soll künftig in Aretsried hergestellt werden

Birgit Goormann-Prugger

FreisingDie Mitarbeiter der Molkerei Weihenstephan, die zur Unternehmensgruppe Müller Milch gehört, sind in großer Sorge. Das Unternehmen hat angekündigt, das Geschäftsmodell der Molkerei neu zu strukturieren. Im Klartext heißt das, dass die gesamte Frischeproduktion von Freising an den Standort Aretsried in Schwaben verlegt werden soll. Dort sollen künftig alle Joghurts der Marke Weihenstephan hergestellt werden. 232 Mitarbeiter sind derzeit in der Molkerei Weihenstephan beschäftigt. Betroffen sind von der Produktionsverlagerung laut Hans Hartl von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten, NGG, 50 bis 70 Mitarbeiter. Molkerei-Sprecher Alexander Truhlar wollte sich dazu nicht äußern. Nur so viel: "Bezüglich Umfang und Auswirkungen der Maßnahmen finden bereits Gespräche mit dem Betriebsrat statt."

Lediglich mündlich, so Hans Hartl, seien die Molkereibeschäftigten am Dienstag über die Unternehmenspläne informiert worden. Die NGG habe dem Betriebsrat nun geraten, sich das alles schriftlich bestätigen zu lassen. Am kommenden Dienstag ist in der Molkerei eine Betriebsversammlung geplant. Auch die Geschäftsleitung soll dann zu den Verlagerungsplänen Stellung nehmen.

Die Mitarbeiter seien in großer Sorge, so Hans Hartl, "und wir verstehen auch den Sinn der Produktionsverlagerung nicht". Schließlich seien die Anlagen hochmodern und die Mitarbeiter motiviert. "Außerdem hat Müller Milch mit der Marke Weihenstephaner Joghurt bisher gut gelebt und ich weiß nicht, ob das noch so ist, wenn bekannt wird, dass das Produkt künftig in Aretsried hergestellt wird", sagte Hartl weiter. Geplant sei die Verlagerung für das Frühjahr 2012. Die Gewerkschaft wolle nun zusammen mit dem Betriebsrat mit der Geschäftsführung verhandeln, um zu erreichen, dass die betroffenen Mitarbeiter anderweitig bei Weihenstephan unterkommen oder entsprechende Angebote in Aretsried bekommen. "Ob sie diese dann annehmen, ist eine andere Frage."

Die Umstrukturierungen in der Unternehmensgruppe Müller hängen offenbar auch damit zusammen, dass der Unternehmer und ehemalige Großbäcker Heiner Kamps die operative Führung der Müller-Gruppe übernommen hat. Das zumindest vermutet Hans Hartl. Im Zuge dieser Umstrukturierung hat der bisherige Geschäftsführer der Molkerei Weihenstephan, Frank Schübel, das Unternehmen bereits verlassen. Die Freisinger Molkerei wolle sich künftig ausschließlich auf die Herstellung von Produkten wie Trinkmilch, H-Milch, Butter und Sahne konzentrieren, heißt es in der offiziellen Pressemitteilung des Unternehmens. Die Müller-Gruppe halte diesen Schritt "für richtig und notwendig", um ein profitables und damit Zukunft sicherndes Wachstum der Marke zu gewährleisten. Das Unternehmen sei zudem bemüht, "die damit einhergehenden personellen Auswirkungen" so sozialverträglich wie möglich abzuwickeln.

Freisings Oberbürgermeister Dieter Thalhammer ist nach eigenen Aussagen von der Verlagerungs-Entscheidung "völlig überrascht worden". Schließlich hatte das Unternehmen erst im September 2010 den Bau eines neuen, 34 Meter hohen Hochregallagers beantragt, war damit beim Freisinger Gestaltungsbeirat aber abgeblitzt. Die Baumaßnahme sprenge, vor allem wegen der Höhe, alle Maßstäbe, hieß es damals. Im November 2010 war der Antrag zurückgezogen worden - mit der Begründung, dieses Projekt "auf unbestimmte Zeit" zurückstellen zu wollen. "Es kann sein, dass die Molkerei über die weitere Betriebsentwicklung nachgedacht hat, nachdem die Stadt mit der gewünschten Bauhöhe nicht einverstanden war und das nun mit dieser Entscheidung zusammenhängt", vermutet Thalhammer. Die Stadt sei wegen dieser Sache aber immer im Gespräch mit der Molkerei gewesen. Angesichts der massiven Bedenken hatte auch Martin Gumpp, Projektleiter der Müller-Holding, zunächst noch angeboten, das Konzept zu überarbeiten.

© SZ vom 12.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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