Notunterkunft:Wahrhaftig kein Ort zum Chillen

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Auch wenn die Turnhalle jetzt für Flüchtlinge eingerichtet ist, eine Dauerlösung darf das nicht sein

Von Peter Becker

So, jetzt steht es, das Notquartier des Landkreises in der Turnhalle der Wirtschaftsschule. Kaum war es fertig, zogen am Mittwoch auch schon die Leute ein, für die es bestimmt ist: Asylbewerber aus aller Herren Länder, in diesem Fall vornehmlich aus afrikanischen Staaten. Mag sein, dass es die Armut und die Perspektivlosigkeit in ihren Herkunftsländer war, die sie auf gefährlichen, verschlungenen Wegen über das Mittelmeer nach Deutschland getrieben hat. Wirtschaftsflüchtlinge, mögen da einige wieder verächtlich schnauben. Gekommen, um sich den Rest ihres Lebens im sozialen Netz der Republik auszuruhen. Doch davon kann keine Rede sein.

Bei allem Respekt vor den Bemühungen des Landratsamts, die Turnhalle ein wenig heimlig zu gestalten: ein Ort zum entspannten Chillen sieht anders aus. In Reih und Glied stehen da die Betten, vor jedem einzelnen ein Stuhl. Beim Betrachten beschleicht einen das Gefühl, ein Delinquent zu sein, der auf einen schicksalsverändernden Spruch wartet. Oder man fühlt sich an die Grundausbildung bei der Bundeswehr erinnert. Verpackungsalarm. Ab mit dem gesamten Gepäck in die Turnhalle, nur weil das irgendein Kommandeur gerade lustig fand. Nächtigen musste man auf dem Fußboden, doch der Zirkus war nach ein paar Stunden wieder vorbei.

Das ist bei den Flüchtlingen nicht so. Keiner weiß, wie lange sie in der Notunterkunft bleiben müssen. Darum ist es umso dringender, dass neue Unterkünfte geschaffen werden, auch in den oft geschmähten Wohncontainern. Diese bieten wenigstens einen gewissen Komfort und mehr Privatsphäre. Immerhin signalisiert das Landratsamt einen gewissen Optimismus, dass dies zu schaffen ist: Statt unbequemer Feldbetten hat die Behörde stabile Betten gekauft, die sich auch in den hoffentlich bald entstehenden Unterkünften nutzen lassen.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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