Am kommenden Dienstag ist es soweit: Dann wird das Caritas Alveni Jugendhaus in Au feierlich eingeweiht. Dort sollen bis zu 17 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wohnen. Neun junge Männer zwischen 16 und 18 Jahren leben bereits in der Einrichtung, die sowohl ein heilpädagogisches als auch ein betreutes Wohnen bietet. Betreut werden diese rund um die Uhr von Mitarbeitern der Caritas Freising - das pädagogische Team besteht aus zehn Teil- und Vollzeitkräften.
Eigentlich sollten die ersten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bereits im April dort einziehen. Da aber damals auf dem leer gefegten Markt nicht das notwendige pädagogische Personal gefunden wurde, musste der Start verschoben werden, berichtet Carolin Dümer, Geschäftsführerin der Caritas Freising. Ende April trafen dann die ersten Jugendlichen ein. Die Betreuung wurde zunächst in Kooperation mit dem Jugendamt geleistet, seit September läuft nun das ganze Projekt über die Caritas.
"Alle Bewohner waren extremen Belastungen ausgesetzt", sagt Dümer. Deshalb sei die Betreuung im heilpädagogischen Wohnen relativ intensiv, auch psychologische Fachstunden gehören dazu. Das Projekt sei gut angelaufen , "auch wenn es in der Natur einer heilpädagogischen Wohngruppe liegt, dass es immer wieder Spannung und Krisen gibt", sagt Dümer. Die Jugendlichen haben einen geregelten Alltag: Schule, Hausaufgaben, Freizeitgestaltung, pädagogische Arbeit und Gespräche mit Erziehern und Pädagogen. "Ziel ist, die jungen Bewohner zu stabilisieren und zu integrieren", sagt Dümer.
Auch im Freisinger Jugendamt ist die Stabilisierung und Integration der betreuten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge mittlerweile zur Hauptaufgabe geworden. "Im vergangenen Jahr bildeten diese Jugendlichen für uns in allen Bereichen eine große Herausforderung", sagt Jugendamtsleiterin Arabella Gittler-Reichel. Denn von 43 im Jahr 2014 sei die Zahl 2015 auf 183 nach oben geschnellt. "Und alle mussten untergebracht und versorgt werden", sagt Gittler-Reichel. Inzwischen wurden die Jugendlichen, die vor allem aus Afghanistan, Eritrea und Syrien geflüchtet sind, in dem Caritas Alveni Haus in Au, in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft in Moosburg und in der stationären Jugendhilfe in Birkeneck untergebracht. 15 leben in Pflegefamilien und etwa 40 außerhalb des Landkreises. Derzeit stehen insgesamt 128 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter der Betreuung des Jugendamts. "Für uns war und ist das nach wie vor ein sehr großes Thema", betont Gittler-Reichel.
Unter anderem wurde 2015 ein Fachdienst für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingerichtet, inzwischen seien alle drei Vollzeitstellen "glücklicherweise" besetzt. Aber auch der Vormundschaftsbereich musste wegen der vielen jungen Flüchtlinge, die vergangenes Jahr in einem Hotel in Hallbergmoos lebten, personell aufgestockt werden. "Wir haben das alles gut gemeistert", sagt Gittler-Reichel. Sie sei froh, dass die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nach wie vor durch das Jugendamt geleistet werde - und nicht, wie in anderen Landkreisen, an freie Träger übergeben werden musste. "Aber das hat alles hohe Kapazitäten erfordert. Alleine schon, um die vielen neuen Gesetze und Verordnungen umzusetzen."
Derzeit gehe es in vielen Fällen darum, kurz vor der Volljährigkeit den Hilfebedarf zu überprüfen, berichtet Gittler-Reichel. Zu entscheiden, ob die Jugendhilfe weitergeführt werde und in welcher Form - ambulant oder stationär - die Betreuung dann geschehen solle. Und mit einer noch ganz anderen Herausforderung müsse man sich befassen: "Wir beobachten, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen bei den Jugendlichen zunimmt", sagt Gittler-Reichel. "Wir brauchen dringend therapeutische Einrichtungsplätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge." Diese aber gebe es kaum.