Neues Angebot:Raus aus der Schuldenfalle

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Seit diesem März gibt es bei der Caritas Freising eine Jugendsprechstunde in der Schuldnerberatung. Hannah Pauer berät dort junge Menschen mit finanziellen Problemen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. (Foto: Privat)

Seit einem Monat bietet die Freisinger Caritas eine Jugendsprechstunde in der Schuldnerberatung an. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Betroffenen um Jugendliche, die zu viel Geld für Mobiltelefone ausgeben

Interview von Gudrun Regelein, Freising

Seit diesem März gibt es bei der Caritas Freising eine Jugendsprechstunde in der Schuldnerberatung. Gedacht ist diese für junge Menschen mit finanziellen Problemen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Ziel dieses Angebots sei, diese möglichst früh zu erreichen und damit eine Schuldenkarriere zu verhindern, sagt die Sozialpädagogin Hannah Pauer im Gespräch mit der SZ Freising.

SZ: Frau Pauer, weshalb startete die Caritas dieses Projekt?

Hannah Pauer: Im vergangenen Jahr waren 43 Menschen unter 25 Jahren in unserer Schuldnerberatung. Das sind fast zehn Prozent der Klienten gewesen, also sehr viele. Wir waren uns einig, dass wir darauf reagieren müssen. Jugendlichen fehlt aber oft die Geduld, lange auf einen Termin zu warten. Deshalb haben wir uns entschlossen, eine offene Sprechstunde speziell für sie anzubieten. Die findet nun jeden Montag zwischen 16 und 18 Uhr im Caritas-Zentrum in Freising statt.

Mit welchen Problemen kommen junge Menschen zu Ihnen?

Mit vielen. Sehr häufig handelt es sich um Handyschulden. Wenn man 18 Jahre alt wird und endlich selbst Verträge abschließen kann, dann ist das natürlich verlockend. Oft wird als erstes ein teurer Handyvertrag unterschrieben. Oder meine Klienten haben ihr Konto überzogen oder haben kleinere Konsumentenkredite aufgenommen, ohne sich das eigentlich erlauben zu können. Das Problem vieler Jugendlicher ist, dass die Angebote sehr verlockend sind. Und dann gibt es solche, die in Internetportalen mal wo hinklicken und schon sind sie kostenpflichtig unterwegs. Es sind aber auch Schicksalsschläge, die junge Menschen zu uns führen: Wenn sie beispielsweise ihren Job verloren haben, sich aus Unwissenheit aber nicht arbeitslos gemeldet haben und dann nicht mehr wissen, wie sie ihre Krankenkassenbeiträge ohne Einkommen finanzieren sollen.

Haben Sie den Eindruck, dass junge Menschen nicht richtig mit Geld umgehen können? Gerade, da inzwischen zumeist bargeldlos bezahlt wird.

Schwierige Frage. Früher war es sicher so, dass man auf etwas hin sparte und erst wenn man das Geld hatte, es sich kaufte. Diese Mentalität hat sich geändert, es wird anders konsumiert - das sicherlich. Und es ist tatsächlich so, dass die Schmerzensgrenze, wenn man bargeldlos zahlt, niedriger ist. Aber es ist auch immer eine Erziehungsfrage. Im Elternhaus wird uns von Anfang an der Umgang mit Geld vorgelebt. Wenn ein junger Mensch seinen Selbstwert an Statussymbolen festmacht oder sein Bedürfnis sofort befriedigen muss, dann muss eben sofort das neueste Handy her.

Haben junge Menschen schon große Schulden?

Meistens sind es noch kleinere Summen, das bewegt sich in einem Bereich unter 1000 Euro. Manchmal aber sind die Schulden auch schon wesentlich höher. Ich hatte einen Fall, da ging es um Spielsucht. Bei diesem handelte es sich dann um eine Summe von mehr als 20000 Euro.

Wie können Sie helfen?

In der Sprechstunde geht es erst einmal darum, einen Kontakt herzustellen und erste Tipps zu geben. Wenn notwendig, schließt sich dann eine ganz normale Schuldnerberatung an, die je nach Fall bis zum Insolvenzverfahren führen kann. Wir machen zunächst immer einen Haushaltsplan: Wie hoch ist das Einkommen, was bleibt im Monat übrig, was kann ich abzahlen. Bei einem normalen Einkommen richten wir uns nach der Pfändungstabelle und bieten den Gläubigern den pfändbaren Betrag an. Wenn der Jugendliche nur ein geringes Einkommen hat, dann muss er sich entscheiden, was er freiwillig bereit ist zu bezahlen. Und bei zahlungsunfähigen Jugendlichen mit einer nur sehr geringen Verschuldung im zweistelligen Bereich haben wir manchmal das Glück, dass die Inkassobüros diese Schulden nach einem Gespräch erlassen.

Aber wäre es nicht sinnvoll, schon früher, vor einer Verschuldung, anzusetzen?

Das tun wir auch. Wir leisten Präventionsarbeit in den Schulen. Meine Kollegin Margit Wander ist dort unterwegs und informiert die Jugendlichen. Das ist ganz wichtig, alleine schon deshalb, um über mögliche Gefahren und Konsequenzen einer Verschuldung aufzuklären. Aber auch wenn tatsächlich schon Schulden aufgelaufen sind, ist es besser, so früh als möglich zu kommen und sich Hilfe zu holen. Je früher man ansetzt, umso schneller kann der Teufelskreis der Verschuldung durchbrochen werden. Dann haben wir auch noch mehr Handlungsspielraum. Viele kommen erst, wenn es schon brennt und die Räumungsklage läuft.

Wann ist Ihre Beratung abgeschlossen?

Wenn mein Klient zufrieden ist, wenn er weiß, wie er seine Verschuldung anpacken kann. Die meisten Beratungen laufen aber über viele Monate. Wichtig ist, dass ein Weg aus der Schuldenfalle gefunden wird.

Wird die neue Jugendsprechstunde gut angenommen?

Momentan habe ich acht Jugendliche in Beratung, sechs von ihnen erst seit März. Die erste Resonanz ist sehr gut. Aber ich hoffe, dass dieses Angebot bekannter wird und noch mehr Betroffene zu mir kommen.

© SZ vom 10.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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