Neuer Sponsor gesucht:Den Absprung schaffen

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Täglicher Cannabiskonsum oder Trinken bis zum Vollrausch: Für Jugendliche mit Suchtproblemen gibt es die offene Sprechstunde der Beratungsstelle Prop

Von Petra Schnirch, Freising

Die offene Jugendsprechstunde der Beratungsstelle Prop gibt es seit mittlerweile drei Jahren und sie "läuft sehr, sehr gut", wie Geschäftsführer Andreas Czerny bilanzierte. Die Zahl der Jugendlichen, die Rat sucht, pendelt sich bei etwa 300 pro Jahr ein, die meisten sind Cannabiskonsumenten. Das Projekt habe Modellcharakter und "wir kämpfen jedes Jahr wieder darum, dass es flächendeckend umgesetzt wird", sagte Czerny. Es sei ein Skandal, dass es für Minderjährige kaum spezifische Angebote im Suchtbereich gebe.

Kämpfen muss aber auch die Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle (Prop) in Freising jedes Jahr wieder, damit sie das Projekt "Jugend ist jetzt" weiterführen kann. Die Rotarier überreichten bei der Jahresbilanz erneut einen Scheck über 5000 Euro. Der Flughafen aber steigt, wie angekündigt, nach drei Jahren aus. Deshalb wird nun ein weiterer Sponsor gesucht. Schirmherr von "Jugend ist jetzt" ist Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher. Verstärkt ansprechen will Prop künftig auch Kinder suchtbelasteter Eltern. Sie fallen in der Suchtberatung bisher durchs Raster.

Der "klassische Besucher" der Jugendsprechstunde ist männlich, zwischen 16 und 18 Jahre alt, geht zur Schule, wohnt noch bei den Eltern, kifft zu viel und raucht Zigaretten, wie Bärbel Würdinger, Leiterin der Beratungsstelle, ausführte. Zwei bis fünf Mal kommt er in der Regel zu einem Gespräch. 143 Jugendliche suchten 2015 Hilfe, weil sie exzessiv Cannabis konsumierten und davon abhängig waren oder zumindest körperliche Folgen spürten. 27 junge Leute waren alkoholabhängig, einige nahmen Ecstasy oder Amphetamine. 32 der Jugendlichen, die zur Sprechstunde kamen, waren jünger als 15. Die allermeisten haben keinen Migrationshintergrund, es könne sein, dass Prop diese Personengruppe bisher einfach nicht erreiche, sagte Würdinger. Insgesamt geht der Konsum von Nikotin bei Jugendlichen in Deutschland zurück, wie eine aktuelle Studie zeigt. Lag der Anteil der Raucher 1979 noch bei 30,2 Prozent, waren es 2015 7,8 Prozent. Auch der riskante Alkoholkonsum sinkt, das gleiche gilt für das Rauschtrinken. Cannabis ist nach wie vor "die Droge der Wahl" bei den 12- bis 17-Jährigen, später, bei den 18- bis 21-Jährigen, kommen oft andere Drogen dazu, auch das zeigt die Studie.

Die Beratungsstelle Prop ist eng vernetzt mit Jugendsozialarbeitern an den Schulen, Streetworkern und Kooperationspartnern wie Jugendamt, Gesundheitsamt oder Polizei. Das Angebot ist freiwillig - und die Beratungsstelle bemüht sich, möglichst schnell zu reagieren, wenn sich ein Jugendlicher meldet. Streetworker David Luigart wies darauf hin, wie wichtig dies sei, damit sie nicht wieder abspringen, bevor ein Gespräch stattfindet.

Oftmals bekommen die vier Mitarbeiter der Jugendsprechstunde - Marie Lehner, Beatrice Smoktun, Anne Krüger und Sebastian Schober - keine Rückmeldungen, wie es den Jugendlichen nach Abschluss der Gespräche ergeht. Sie schilderten aber auch zwei anonymisierte Fälle, in denen es anders war. Eine 16-Jährige, die täglich Canabis konsumierte, aber auch mit Ecstasy und anderen Drogen experimentierte, wurde zunächst von ihrer Mutter geschickt. Sie ließ sich auf die Gespräche ein, brachte ihren Freund dazu mit. Ein halbes Jahr später war sie abstinent und begann eine Ausbildung. Auch ein 17-Jähriger aus instabilen familiären Verhältnissen, den eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe geschickt hatte, schaffte den Absprung und kam später erneut in die Beratung, als er wieder etwas instabiler wurde.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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