Neue Aufgaben für das Amtsgericht:Schulungen für die Arbeit mit Schutzbefohlenen

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Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge brauchen einen Vormund. Das beschäftigt das Freisinger Amtsgericht

Von Peter Becker, Freising

Die im Landkreis ankommenden Flüchtlinge beschäftigen auch das Freisinger Amtsgericht. Allerdings nicht in strafrechtlichem Zusammenhang. Da stellte Pressesprecher Manfred Kastlmeier während der Jahrespressekonferenz fest, dass die erwachsenen Ankömmlinge "die Kriminalität nicht steigern". Aufgrund der beengten Verhältnisse ließen sich aber Konflikte zwischen Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern oder verschiedener Religionszugehörigkeit nicht vermeiden. In besonderer Weise beschäftigen das Amtsgericht vielmehr die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, für die es Vormundschaften zu bestellen gilt.

Die Leiterin des Amtsgerichts Lore Sprickmann Kerkerinck hat vor kurzem erst an einem Kongress zur Problematik der jugendlichen Flüchtlinge in Berlin teilgenommen. Dort hieß es, im vergangenen Jahr seien etwa 65 000 Minderjährige nach Deutschland gekommen. Ein Teil davon, Ende des Jahres 2015 waren es 166 junge Menschen, ist natürlich auch im Landkreis Freising angekommen. Die Jugendlichen würden in drei verschiedene Kategorien eingestuft. Da gebe es die unter 18-Jährigen, die von ihren Eltern nach Deutschland geschickt würden, um Geld zu verdienen. Das müssten sie dann nach Hause schicken. Dann, so Lore Sprickmann Kerkerinck, gebe es Kinder oder Jugendliche, die "vorgeschickt" würden. Die Eltern erhofften sich für die Zukunft einen "Nachzug". "Und dann gibt es welche", erläuterte die Leiterin des Amtsgerichts, "die elternlos sind."

Wenn die Anwesenheit der Jugendlichen von den Behörden registriert ist, beginnen die Nachforschungen nach den Eltern. Verläuft diese vergebens, muss ein Vormund bestellt werden. Dies ist Aufgabe eines Richters. Der Vormund kümmert sich um die Angelegenheiten seines Schützlings, etwa wenn dieser in ein Krankenhaus muss. Lore Sprickmann Kerkerinck lobte in diesem Zusammenhang das Jugendamt des Landkreises, das als Behörde Vormundschaften übernimmt. "Das ist nicht in allen Bezirken so", fügte sie hinzu. Zunehmend wollen Anwälte die Vormundschaften über junge Flüchtlinge übernehmen. Natürlich nur gegen Bezahlung. Die Behörden sind auch bemüht, Verwandte der Jugendlichen zu ermitteln, die bereits in Deutschland leben. Natürlich müssen diese Personen geeignet sein. "Manche lehnen es aber ab, die Vormundschaft zu übernehmen", erläuterte die Amtsgerichtsdirektorin. Die Leiterin des Freisinger Amtsgerichts verwies auf Schwierigkeiten im Umgang mit den jungen Flüchtlingen, die sich im Alltag auftun und so nicht zu erahnen waren. Dies fängt mit dem Geburtsdatum an. In den Herkunftsländern der Ankömmlinge gibt es oft andere Kalendersysteme als in Deutschland. Dort gelten die Jugendlichen mitunter auch früher als volljährig als hierzulande. Die Richter müssen darauf Rücksicht nehmen. In anderen Ländern wiederum sind Jugendliche erst mit 21 Jahren volljährig. Vormund über einen jungen Flüchtling zu sein, ist nicht einfach. Mit erzieherischen Aufgaben ist es nicht getan. Zur Integration der Flüchtlinge gehöre es auch, die religiöse Ausrichtung zu fördern. Dies bedeute etwa, erläuterte Lore Sprickmann Kerkerinck, dass der Vormund sein Mündel zum Moscheebesuch ermuntern müsse. Weil viele Probleme im Umgang mit den jungen Flüchtlingen sich erst im Laufe der Zeit herausgestellt haben, gebe es jetzt Schulungen für Vormünder.

© SZ vom 16.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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