Die Anwohner des Eisvogelwegs im Stadtteil Lerchenfeld kennen das Ritual, es macht sie wütend. Pünktlich um vier Uhr morgens ertönt ein Knattern und Surren, mit dem Schlaf in der Reihenhaussiedlung ist es dann oft vorbei. Schuld sind die Lastwagenfahrer, sie wohnen im Wohnblock gegenüber und schmeißen in aller Herrgottsfrühe ihre Trucks an. Das Brummen der warmlaufenden Motoren weckt den Eisvogelweg auf.
Doch die nächtliche Ruhestörung ist nicht das einzige Problem, das die Lastwagen mitbringen. Sie blockieren die rar gesäten Parkplätze in der gutbürgerlichen Siedlung. Die Anwohner treibt das auf die Barrikaden. "Ich rege mich drüber auf, das gebe ich gerne zu", sagt Martin Tessin, der mit seiner Familie am Eisvogelweg wohnt. Er hat einen Garagenstellplatz, andere Anwohner haben keinen. Wenn Besuch kommt, wird es auch für die Tessins schwierig. Freie Parkplätze seien generell Mangelware, erzählt der Familienvater. Abends würden immer vier bis fünf Lastwagen die Parkbucht unter sich aufteilen.
Problematisch ist das in den Augen von Martin Tessin auch, weil die Lastwagen beim Einbiegen in den schmalen Eisvogelweg die Sicht versperren. "Das nervt", sagt auch sein Nachbar Mevlüt Toprak. Und gefährlich sei es obendrein - wenn Kinder auf der Straße spielen und von den Autofahrern wegen der Lastwagen-Parkkolone erst zu spät gesehen werden.
Eigentlich ist es laut Straßenverkehrsordnung verboten, Lastwagen mit einer Gesamtmasse über siebeneinhalb Tonnen in Wohngebieten "regelmäßig" zu parken. Nur juckt das nicht alle. Am frühen Donnerstagabend steht ein weißer Eurocargo der Marke Iveco im Eisvogelweg. Laut Herstellerangaben hat er ein zulässiges Gesamtgewicht zwischen siebeneinhalb und zehn Tonnen. Die Firma bewirbt ihn mit dem Slogan: "In jeder Stadt willkommen." Auf den Eisvogelweg trifft das, soviel steht fest, nicht zu.
In der Parkbucht hätten auch schon vierzig Tonnen schwere Trucks gestanden, erzählt Martin Tessin. Andere Anwohner berichten übereinstimmend: Die Fahrer stellten ihre Lastwagen in der Regel gegen 22 Uhr am Eisvogelweg ab. So gehe das nun bereits seit Jahren. Dass die Brummi-Fahrer nicht stattdessen im gegenüberliegenden Gewerbegebiet parken, wird ihnen als gezielte Böswilligkeit ausgelegt.
Entsponnen hat sich so ein kleiner, aber feiner Nachbarschaftsstreit. Im Eisvogelweg erzählt man sich die Geschichte von einem Mann aus der Siedlung, der sich mit der Lastwagengang angelegt hat. Kurz drauf seien ihm die Autoreifen aufgeschlitzt worden. Jetzt haben angeblich die Anwälte übernommen. Außerdem noch im Angebot: Immer wenn ein Eisvogelweg-Bewohner sein Auto in der verkehrsberuhigten Zone am Ende der Straße parke, rufe die Gegenseite das Ordnungsamt. Fünfzehn Minuten später erscheine dann "zufällig" eine Streife und kassiere ab.
Von renitenten Lastwagenfahrern, die den Eisvogelweg zuparken, ist der Polizei in Freising nichts bekannt. Gut möglich, dass man mal eine Streife nach einem Beschwerdeanruf vorbeigeschickt habe, sagt Polizeichef Ernst Neuner. "Gehäuft haben wir aber nichts rein bekommen." Und außerdem: Die Sanktionsmöglichkeiten der Polizei sind begrenzt. Mehr als ein Bußgeld von 30 Euro kann man laut Neuner nicht verhängen. Erst wenn sich ein Vorsatz nachweisen lasse, drohe den Lastwagenfahrern eine Anzeige.
Die Anwohner sagen, sie hätten ihre Beschwerden schon öfter bei der Stadt Freising vorgetragen. Nie sei etwas passiert. Rupert Widmann, der Leiter des Hauptamtes im Rathaus, entgegnet: "Dem Ordnungsamt liegen aktuell keine Beschwerden vor." Man werde dem Problem aber jetzt volle Aufmerksamkeit widmen. Es sind Kontrollen geplant. Und die Anwohner ermutigt Widmann, der Stadt doch die Lastwagenkennzeichen zu melden.