Moosburger Stadtrat:So bunt wie nie, so jung wie selten

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Für parteipolitisches Geplänkel ist kein Platz

Von Alexander Kappen

Als das Ergebnis am Sonntagabend feststand und Josef Dollinger (FW) sich in der Moosburger Bürgermeister-Stichwahl hauchdünn gegen Michael Stanglmaier (Grüne) durchgesetzt hatte, machte sich bei einigen Facebook-Nutzern große Enttäuschung breit. Neben Gratulationen an den neuen Bürgermeister war auch von einer verpassten Chance und dem Sieg der ewig Gestrigen die Rede, es gehe nun ohne Veränderung wie in den vergangenen Jahren weiter, hieß es. Und genau das wird es nicht.

Sicher, Josef Dollinger gehört als Freier Wähler dem konservativen Lager an, ist im Wahlkampf nicht als großer Reformer aufgetreten, sondern baute auf den Faktor Kontinuität und versuchte mit seinem Posten als Stellvertreter der amtierenden Bürgermeisterin Anita Meinelt (CSU) zu punkten, der deren Arbeit ohne großen Bruch fortsetzen will. Aber wer nun glaubt, Dollinger - von Kritikern zuweilen einer "Hau-drauf-Politik" bezichtigt - würde nun rücksichtslos seinen Stiefel durchziehen, der verkennt die Lage. Nicht nur die lokalpolitische.

Ein Bürgermeister gibt die Richtung im Rathaus vor, ist Chef der Verwaltung, leitet Stadtratssitzungen und hat auch Einfluss auf die Tagesordnung. Aber er hat dort auch nur eine von 25 Stimmen und muss letztlich das umsetzen, was die Mehrheit des Gremiums bestimmt. Und dieses ist mit neun Parteien und Gruppierungen so bunt wie nie und darüber hinaus so jung wie selten zuvor. Dollinger weiß noch nicht mal die stärkste Fraktion hinter sich, seine Freien Wähler haben lediglich fünf Sitze, CSU und die erstarkten Grünen jeweils deren sechs. In diesem Umfeld gilt es immer wieder aufs Neue, Mehrheiten zu organisieren und durch die geschickte Moderation verschiedener Interessen kompromissfähige Beschlussvorschläge zu erarbeiten. Und wenn man ehrlich ist: So groß waren die Unterschiede in den Wahlprogrammen nicht, auch der Stichwahlverlierer Stanglmaier sprach von vielen Positionen, die nicht allzu weit auseinander lägen.

Ohnehin bleibt für parteitaktisches Geplänkel bis auf Weiteres kein Raum. Die Corona-Krise und ihre finanziellen Auswirkungen auf Bürger, Geschäftsleute und Kommune überschattet momentan und wohl noch für längere Zeit alles. Um aus dieser schwierigen, bislang beispiellosen Situation so gut wie möglich wieder herauszukommen, das haben Vertreter diverser Gruppierungen erkannt, müssen alle an einem Strang ziehen und gemeinsam anpacken.

© SZ vom 31.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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