Wahlkampf mit der AfD:Willkommen in der Parallel-Welt

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Warum die kommenden Wochen im Landkreis Freising sehr unterhaltsam werden könnten.

Von Petra Schnirch

Es ist Wahlkampf und keiner weiß wohin. Die nächsten Wochen könnten unterhaltsam werden, wenn die politische Schnitzeljagd Schule macht. In großen Lettern kündigt der AfD-Kreisverband Freising-Pfaffenhofen für Sonntag einen Auftritt von Beatrix von Storch in der Hallertau an. Doch wo, das bleibt für die allermeisten ein Geheimnis. "Der Veranstaltungsort wird per Nachricht an unseren KV" bekanntgegeben, oder auch nach einer E-Mail an den Direktkandidaten, schreibt die Partei. Immerhin: Die Presse darf schon einen Tag vorher wissen, ob sie nach Pfaffenhofen, Schweitenkirchen oder doch nach Au oder Nandlstadt kommen soll. Auf jeden Fall sollte man vorher schon mal volltanken.

Man stelle sich vor, dieses Prinzip macht Schule: Die CSU wirbt bei ihren Sympathisanten, womöglich kommt sogar Horst Seehofer oder zumindest Markus Söder in den Landkreis - und kein Startbahngegner erfährt davon. Für die Protagonisten bedeutet das: keine unangenehmen Gespräche mit aufmuckenden Kritikern des Großprojekts, stattdessen Smalltalk und Schulterklopfen mit Gleichgesinnten. Die SPD wiederum könnte "vergessen", ein paar parteiinterne Nörgler, die im Vorfeld der Wahl der Landesvorsitzenden zu laut gepoltert hatten, auf die Liste zu setzen. Parteien agieren plötzlich wie private Party-Veranstalter und werden dadurch irgendwie interessant?

Einen gewissen Reiz hätte ein solches System auch für den Kulturbetrieb. So manche Traditionsveranstaltung würde so zu einem Event. Beispiel gefällig? Ein Theaterabend, das Stück ist vage bekannt, irgendwas mit Europa und Flüchtlingen. Drei Stunden vor Beginn erfährt ein auserwählter Kreis, ob er nach Landshut oder Ingolstadt fahren oder doch in Freising bleiben darf, ob er Abendgarderobe braucht oder ganz leger erscheinen soll. Ganz nebenbei könnten die Initiatoren per E-Mail-Verteiler schon fürs nächste Programm trommeln. Und wer bei der Premiere durch Buh-Rufe auffällt, verschwindet vom Bildschirm und wird gelöscht. Willkommen im Zeitalter der Parallel-Welten.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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