Mitten in Moosburg:Frau gesucht, Likes bekommen

Lesezeit: 1 min

17 000 Hochglanz-Flyer mit Foto, Telefonnummern und E-Mail-Adressen - doch die Blonde aus dem Zug meldet sich nicht. Dafür ganz viele Leute auf Facebook

Von Alexander Kappen

Er hätte natürlich auch einfach eine Annonce in einem der diversen Anzeigenblätter aufgeben können, die Woche für Woche sämtliche Briefkästen im Landkreis verstopfen und womöglich dazwischen liegende Rechnungen und andere unwichtige Dokumente im Nirvana des Altpapiercontainers verschwinden lassen. Aber in solchen Zeitungen wäre die Sache untergegangen. Zwischen Anzeigen wie "Verkaufe 15 kg Holzpellets", "Schäferhundrüde, 15 Monate, abzugeben", "Seniorenkatalog mit vielen Partnervorschlägen", "Gudrun, 76 Jahre, immer noch hübsch, mit vollbusiger Figur, fahre gerne Auto, suche Freundschaft mit aufrichtigem Partner" und "Er sucht devote Lustzofe" hätte er mit seinem Anliegen sicher einen schweren Stand gehabt. Also entschied sich Martin Bachmaier für einen anderen Weg: Er ließ mehr als 17 000 Hochglanz-Flyer mit seinem Foto, Telefonnummern und E-Mail-Adressen fertigen und dieser Tage per Postwurfsendung in und um Moosburg verteilen, um eine unbekannte, blonde Frau zu finden, in die er sich Ende Mai im Zug verguckt hatte.

Gemeldet hat sie sich offenbar noch nicht, aber dafür ist dem Moosburger jetzt die Sympathie der Internet-Gemeinde sicher. Männlein wie Weiblein liken und kommentieren das Ganze fleißig auf Facebook mit Statements wie "ganz schön mutig", "Respekt", "Hut ab", "ein bisschen Romantik schadet auch in der heutigen Zeit niemandem", "viel Glück" oder "voll süß". Eine Userin schreibt: "Damit stellt er echt viele Männer in den Schatten. WOW Daumen hoch!!!" Was freilich daran liegen könnte, dass sich echt viele Männer nicht die 3500 Euro leisten können, die Bachmaier für seine Postwurfsendung hinblättern musste. Jener Mann etwa, der im Landkreis seine "Nacktputz-Dienste" anbietet, hat offenbar nicht das nötige Kleingeld, um auf 17 000 Flyern seine Vorzüge anzupreisen. Er schaltete sein Stellengesuch ganz konventionell und unromantisch in einem Anzeigenblatt - zwischen Holzpellets, Schäferhundrüden und vollbusigen Rentnerinnen.

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: