Mitten in Freising:Wildwuchs bevorzugt

Warum Rasenmähen verpönt ist und Gänseblümchen jetzt ganz groß rauskommen

Kolumne von Antonia Steiger

Die Nachbarn sind noch gut in Erinnerung: Den ganzen Sommer sah man sie über ihren schönen grünen Rasen krabbeln und Gänseblümchen ausstechen. "Gänseblümchenmörder" nannten wir sie. Wie mag es ihnen heute gehen? Mit makellos grünen Rasenflächen kann man heute nicht mehr angeben. Rasenmähen ist in Verruf geraten, weil eine Vielzahl von kleinsten Lebewesen die Wiese zum Überleben braucht. Ganz nebenbei: Das Killen von Gänseblümchen war noch nie in Mode. Was man gegen die netten Pflänzchen mit ihren weiß-gelben Blüten haben kann, das wissen nur die Gänseblümchenmörder alleine. Der botanische Name des Gänseblümchens lautet vielsagend Bellis perennis, die ausdauernde Schöne. Sie blüht von März bis November. Widerstand ist ohnehin zwecklos gegen das Tausendschönchen, die Himmelsblume und das Sonnenblümchen, wie es auch noch genannt wird.

Der Wildwuchs bekommt auch immer mehr Fürsprecher. Nicht nur Privatleute sollen den Rasen stehen lassen, auch Kommunen sind aufgefordert, wachsen zu lassen, was wachsen will. Aktuell bittet der Jagdverband darum, auf aufgeräumte Flächen in verkehrsberuhigten Flächen zu verzichten. Das an Ordnung gewohnte Auge muss sich daran erst gewöhnen. Wer in der Arbeit gegen jede Form von Wildwuchs auf dem Schreibtisch vorgeht, stört sich eventuell an wuchernden Wegesrändern oder Uferbereichen. Darum mahnt der Jagdverband ein Umdenken an. Was ungepflegt aussehe, sei wertvoller Lebensraum in einer "zersiedelten und versiegelten Landschaft", schreibt er. Schmetterlingsraupen brauchen Brennnesseln und Libellenlarven Pflanzenteile, die ins Wasser hängen, damit sie aus dem Wasser klettern können. Andernfalls ersaufen sie womöglich.

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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