Mitten in Freising:Wieder denkt niemand an Josef

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Der 1. Mai fällt heuer auf einen Sonntag. Schlecht für Arbeitnehmer. Doch es gäbe eine Lösung

Von Gerhard Wilhelm

Der 1. Mai wird allgemein als "Tag der Arbeit" bezeichnet und ist gesetzlicher Feiertag, der Arbeitnehmer hat also frei. Heuer allerdings fällt der 1. Mai auf einen Sonntag, an dem man laut katholischer Kirche gar nicht arbeiten darf. Man hätte also eigentlich eh frei. Schließlich heißt es im Zweiten Buch Moses: "Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun." Angesichts des ganzen weltlichen Getöses um den 1. Mai hat die Kirche, namentlich Papst Pius XII., irgendwann die Zeichen der Zeit erkannt, ist umgeschwenkt und hat Josef, den Ehemann Marias, entdeckt. Der wird in der Bibel als Bauhandwerker bezeichnet und so wurde der 1. Mai 1955 zum Gedenktag Josef des Arbeiters ernannt.

Auf seiner Tour zu allen Heiligen Pforten des Erzbistums kommt nun Kardinal Reinhard Marx am 1. Mai in den Freisinger Dom. Josef bleibt aber auch hierbei mal wieder nur eine Randfigur, da der Mai auch als Marienmonat gilt und Marx entsprechend um 19.30 Uhr die erste feierliche Maiandacht unter dem Motto: "Maria - Mutter der Barmherzigkeit" hält. Würden die Frauen in der katholischen Kirche nur auf allen Ebenen so eine wichtige Rolle spielen. An den Arbeiter, Josef, aber denkt man nicht. Genauso wenig wie in der Kirche keiner daran denkt, dass der Arbeitnehmer nichts davon hat, wenn der 1. Mai am Sonntag ist.

Das tun dafür Politiker von den Grünen und der Linken. Die haben sich vor ein paar Tagen dafür eingesetzt, dass gesetzliche Feiertage, die auf einen Sonntag fallen, unter der Woche nachgeholt werden, was im Übrigen in anderen Ländern schon Wirklichkeit ist. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann argumentiert, es könne nicht sein, dass den Arbeitgebern regelmäßig zusätzliche Arbeitstage geschenkt würden, die eigentlich als bezahlte Feiertage den Beschäftigten zustünden. Dass die Linken-Politikerin hier im Sinne der Arbeitnehmer spricht, versteht sich von selbst. Warum die Kirche und die Parteien mit dem C im Namen aber bei dieser Debatte so gar nicht an den Heiligen Josef denken, und den Vorschlag unterstützen, verwundert dann doch.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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