Mitten in Freising:Einkaufen mit Kindern

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Irgendwann hat auch die geduldigste Mutter genug

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Kinder sind ein steter Quell der Freude - heißt es im Allgemeinen. Sie erst geben dem Leben einen Sinn. Kinder geben unendlich viel zurück und Kinder lösen wunderbare Gefühle aus, die man vorher nicht gespürt hat. Es gibt viele gute Argumente für Kinder. Aber es gibt auch Menschen, die das nicht so sehen. Mit Kindern ist Ende mit Ruhe und Erholung, sie kosten Geld, bis sie endlich außer Haus sind, und sobald ein Kind da ist, dreht sich alles um den Nachwuchs und Mama und Papa sind seine dienstbeflissenen Untertanen. Zudem ziehen Unordnung und Chaos ein.

Die Entscheidung, ob man ein Kind bekommen möchte, muss letztlich jeder für sich selbst treffen, doch es ist nicht schlecht, wenn man in etwa weiß, auf was man sich einlässt. Selbst die beste, gutmütigste und liebevollste Mutter der Welt stößt jedoch manchmal an ihre Grenzen - spätestens dann, wenn sie mit ihrem Sprössling zum Einkaufen muss.

Dabei hatte alles so gut angefangen. Der sechs oder sieben Jahre alte Knirps durfte, nachdem er gedrängelt hatte, den Einkaufswagen schieben, in den er locker und ohne Platzangst reingepasst hätte. Doch an der zweiten Kurve und nach diversen Anrempeleien an Regalen zog die Mutter die Notbremse. Der Knirps musste trotz Protests weg vom "Lenkrad" und auf die Beifahrerposition - sprich nebenher laufen. Das stellte sich allerdings als keine gute Entscheidung heraus, denn jetzt hatte er genügend Zeit, sich den Verlockungen in den Regalen zu widmen. Anfangs begnügte er sich noch mit Fragen: "Mama, darf ich das haben?" Was ihm seine Mutter immer abschlägig mit diversen Argumenten beschied. "Hast doch schon", "nächstes Mal", "ich hab nicht genügend Geld dabei".

Der Knirps hatte dafür immer weniger Verständnis, stellte das Fragenstellen ein und warf Artikel wie Schokolade oder Mini-Salami einfach in den Einkaufswagen, was nun wiederum die Toleranzschwelle seiner Mutter merklich senkte und die Tonlage erhöhte. Kurz vor der Kasse eskalierte es - passenderweise haben Supermärkte gerade dort oft Süßigkeiten griffbereit für Kinder untergebracht. Überraschungseier zum Beispiel. Was natürlich völlig deeskalierend ist. Der Nachwuchs dachte: Jetzt setz ich mich durch und plärrte gnadenlos los, dass er das Ei jetzt haben will. Basta. Aus.

Aus war es mit seiner Mutter auch. Toleranzmäßig. Ohne lange Diskussion wurde der Knirps unter die Arme geklemmt und nach draußen getragen. Und dort wahrscheinlich im Auto gefesselt und geknebelt zurückgelassen. Oder vielleicht auch nur in seinem Kindersitz angeschnallt und die Kindersicherung gedrückt. Jedenfalls kam die Frau nach drei Minuten allein zurück. Entschuldigte sich und zahlte.

Zum Glück lebt sie nicht in den USA. Neben einem seltsamen Präsidenten haben sie dort auch lebensfremde Gesetze. Eine junge Mutter wurde dort kürzlich zu hundert Stunden Sozialarbeit verurteilt, weil sie ihren kleinen Sohn kurz im Auto allein ließ, während des Einkaufs. Da ja immer mehr Kinder Handys haben, hätte sich der Knirps aus dieser Geschichte schnell rächen können, würden in Bayern ähnliche Gesetze gelten: Ein Anruf bei der Polizei genügt.

© SZ vom 22.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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