Mitten in Freising:Der Nikolaus als Auslaufmodell

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Der Rausch vom Fest ist jetzt vorbei und die Osterhasen sind schon längst in Arbeit

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Auch dem letzten Weihnachtsfan dürfte mittlerweile klar sein, dass der Rausch von Fest jetzt erst mal wieder vorbei ist. Das Wetter hat ja eh keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen lassen, wem schmeckt schon Glühwein bei Dauerregen? Eine Branche widersetzt sich dem Weihnachtstaumel ohnehin seit Jahren erfolgreich: die Süßwarenindustrie.

Während in den Läden noch die Schokonikoläuse die Weihnachtsfahne hoch halten, ist seine Zeit bei der Süßwarenindustrie nämlich schon lange abgelaufen. Rund 145 Millionen Schokoladen-Nikoläuse und Weihnachtsmänner sind in diesem Jahr nach Angaben ihres Verbandes hergestellt worden. Also rund zwei für jeden Bundesbürger. Doch einer läuft dem alten Mann den Rang ab: der Osterhase. Rund 200 Millionen aus Schokolade werden schon seit November in den Fabriken produziert. Die Millionen Ostereier aus Krokant, Marzipan oder Nugat noch gar nicht dazu gerechnet.

Wer also derzeit noch eine Schoko-Nikolaus sieht, der sieht sozusagen in doppelter Hinsicht ein Auslaufmodell. Genauso wie immer weniger Kinder ans Christkind oder den Nikolaus glauben, wenn der Postbote schon Tage vorher das Geschenk bringt und nicht Santa Claus mit seinem Schlitten. Wahrscheinlich glaubt auch deshalb kaum noch ein Kind an ihn, weil Weihnachten kaum noch Schnee liegt. Einer Auslieferung mit Drohnen würde wohl eher in Ordnung gehen.

Zum Glück weigern sich manche Kinder, den Nikolaus als aussterbende Gattung zu sehen. Nicht umsonst heißt einer der Klassiker des Gerhard Poltschen Humors "Nikolausi". In der Geschichte sagte ein kleiner Junge immer "Nikolausi", obwohl er einen Osterhasen sieht. "Nein, das ist nicht Nikolausi, das ist Osterhasi", sagt der Vater zunächst noch lächelnd. Doch das Kind bleibt bei seiner Meinung: "Nikolausi", und allmählich dreht der Vater durch. Bis er mit einem "Herrschaftszeiten" dem "Rotzbub" Prügel androht. Letzteres ist natürlich heute aus pädagogischer Sicht völlig unmöglich. Aber vielleicht spielt Polt ja auf ganz was anderes an: die Legende, dass nicht verkaufte Weihnachtsmänner einfach zu Osterhasen umgewidmet werden. Völlig falsch, sagt natürlich die Süßwarenindustrie. Wer also jetzt auf Hasen umschwenkt, macht sicher nichts falsch.

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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