Mitten in Freising:Dem Löschbutton sei Dank

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Wie Pressetexte aktiver Agenturen manchmal gar seltsame Blüten treiben

Von GERHARD WILHELM

Wenn es um das Verfassen von Texten für die Presse geht, sind manche PR-Agenturen und Journalistenbüros recht kreativ in ihrer Wortwahl. "Sommer, Sonne, Brutzelzeit: Die Frage Hüftsteak oder Schweinhals beantwortet ein Blick aufs Grillgut oder in die Schlachtstatistik mit einem klaren Vorzug für Schweinernes. Die Zahl derer, die gerne ins recycelte Gras (verwertet von der Kuh) beißen, sorgt für reichlich Fleischnachfrage." Kein Scherz, die Grillsaison zum Anlass zu nehmen, die Schlachtstatistik als Thema zu verkaufen, ist tatsächlich einer E-Mail an die Freisinger SZ entnommen.

Der Freisinger stellt sich aber offensichtlich gar nicht zuvorderst die Frage, ob Hüftsteak vom Rind oder Hals vom Schwein - die oben erwähnte Statistik zeigt nämlich, dass seit 2009 generell immer weniger Fleisch gegessen wird. Wurden damals noch 455 Tonnen Rindfleisch und 691 Tonnen Schweinefleisch im Landkreis "produziert", waren es im vergangenen Jahr nur mehr 334 beziehungsweise 555 Tonnen. Dazu kommen noch etliche Tonnen Fleisch aus Schlachtungen von außerhalb. Wobei einem beim Wort "produziert" eigentlich schon das Rippchen quer liegt. Liest sich wie: 555 Tonnen Schrauben hergestellt. Nicht umsonst wird von der "Fleischindustrie" gesprochen.

Das treibt immer mehr Menschen zum Vegetarier- oder sogar gleich bis zum Veganertum, auch wenn es in der gleichen Pressemitteilung heißt: "Fleisch ist ein Stück Lebenskraft." Doch auf Freisinger Grills landen immer häufiger Soja-Steaks und Tofu-Würstchen, vegane Grillschnecken und fleischlose Frikadellen. Und dann stört einen auch die Frage der Lebenserwartung von Rindern oder Schweinen - alternativ: Lämmern, Schafen, Ziegen und was sonst noch so auf den Rost landet - nicht. Der Pressedienst hat diese Frage natürlich trotzdem auch gleich mitbeantwortet: "Die Frage, wer früher ins Gras beißt, wird zwar häufig beantwortet - aber unterschiedlich, was an den Feinheiten der Statistik liegt. Denn so einfach, wie es um die Lebenserwartung von Kühen, Schweinen und Geflügel bestellt ist, ist's beim Menschen nicht. Gott sei Dank." Dazu kann man nur sagen: Gott sei dank auch, dass es den Löschbutton gibt.

© SZ vom 17.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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