Die Hölle ist los, Stau auf dem Lidl-DM-Parkplatz am Karwendelring, keifende alte Damen mit leeren Einkaufswagen, Mütter mit Augenringen und mit schreienden Babys auf dem Arm. "Der Dritte Weltkrieg bricht los", kommentiert eine Frau die Szene morgens um zehn. Fahrer versuchen falsch zu parken. Autohupen. Es geht nicht vor, nicht zurück. Hauptsache, man kann sich schnell in die Schlange vor dem Drogeriemarkt (DM) einreihen, die weit bis auf den Parkplatz reicht. Nanu, gibt es etwas umsonst? Nein, der DM macht Räumungsverkauf. 20 Prozent auf alles. Die Filiale wird bis September umgebaut. In der zunehmenden Schwüle verteilen Verkäufer Traubenzucker an die draußen Stehenden. Jetzt bloß nicht schlapp machen! "Bei einem 30-Euro-Einkauf spart man doch bloß sechs", sagt eine Frau kopfschüttelnd. Man - Schande über einen! - überlegt kurz, die Frau hat recht. Rechnung stimmt. Da mache sie nicht mit, sagt sie. Man muss den Einkaufswagen schon ganz voll machen, damit es sich lohnt.
Das gab es schon einmal, beim DM in Lerchenfeld vor einigen Jahren. Leute kauften massenweise elektrische Zahnbürsten, teure Parfüms und die guten Rasierklingen - Vorräte fürs nächste Vierteljahrhundert. Man bewegte sich im Schneckentempo vorwärts. Manche Einkäufer bildeten gut eingespielte Teams: Ehemann blieb mit dem bereits überquellenden Wagen in der Kassenschlange, Ehefrau flitzte durch die Gänge und schleppte ran was sie nur konnte.
"Im Laden dürfen Sie sich schon frei bewegen", sagt der nette Verkäufer draußen, "aber rechnen Sie mit eineinhalb bis zwei Stunden Wartezeit vor der Kasse. Traubenzucker?" Dann drückt er einem einen Zehn-Prozent-Gutschein für die anderen Filialen der Stadt in die Hand. Vor dem Auto wieder die keifende alte Dame. Bloß weg hier. Zu Hause liegt noch ein Jahresvorrat Zahnbürsten.