So ein moderner Gerichtssaal hat unter architektonisch-ästhetischen Gesichtspunkten meist einen eher limitierten Charmefaktor. Ist auch richtig so. Wer auf der Anklagebank sitzt, hat in der Regel ja auch was ausgefressen und ist nicht zum Vergnügen da. Und das wird ihm dann, so wie im Freisinger Amtsgericht, eben auch optisch eindrucksvoll vor Augen geführt: Viel Beton, kahle Wände. Nur der Blick durchs Fenster ins satte Grün des idyllischen Dombergs lassen - zumindest im Sommer - so etwas wie Wohlfühlatmosphäre aufkommen. Davon sollte man sich auf dem Sünderbänkchen aber genauso wenig zu einem vergnügten Lächeln animieren lassen wie von so mancher, womöglich sehr fantasievollen Zeugenaussage - sonst droht ein Ordnungsgeld wegen Missachtung des Gerichts. Also lieber schnell wieder den Blick durch das spartanisch-nüchterne Innere des Gerichtssaals schweifen lassen. Viel Beton, kahle Wände. Und das bedeutet: Hier gibt's nichts zu lachen.
Die Bauart und Gestaltung eines Gerichtssaals nur auf diesen einen Aspekt zu reduzieren, wäre freilich zu kurz gegriffen. Wie sich diese Woche in einer Verhandlung herausstellte, ist das Ganze nämlich nicht zuletzt auch eine Frage der Statik des Gebäudes und somit der Sicherheit aller Leute, die sich darin aufhalten. Der Richter jedenfalls - er hatte soeben die Ausführungen diverser Zeugen über sich ergehen lassen, die den in der Belehrung eingeforderten Wahrheitsgehalt einer Aussage eher als unverbindliche Empfehlung und weniger als zwingende Pflicht interpretierten - wähnte sich am Ende glücklich, nun wenigstens keine Schäden durch von der Decke fallende Holzteile fürchten zu müssen. "In diesem Gericht wird gelogen, dass sich normalerweise die Balken biegen", sagte er: "Gut, dass hier alles ganz schlicht und aus Beton ist."