Mitten in Freising:Alle unter einem Dach

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Wer wo in Freising wohnt und warum manchmal auch die Schwiegermutter dabei ist

Von Eva Zimmerhof

Freising ist in Ghettos zersplittert. Das wird bei einer genaueren Betrachtung und allen gegenteiligen Beteuerungen der Immobilienexperten zum Trotz sehr deutlich. Da gibt es etwa das Lerchenfelder Ghetto, in dem eigentlich nur ältere Damen - Herren sind nur selten zu beobachten - und zugezogene Familien mit kleinen Kindern wohnen. Letztere finden in Freising einfach sonst nichts anderes, um darin zu wohnen. Oder das Ghetto zwischen Wippenhauser und Prinz-Ludwig-Straße: In das muss man hineingeboren werden, denn offiziell werden hier eigentlich nie Häuser verkauft. Und selbst wenn, dann entschiede wohl der Preis von zwei oder drei Millionen Euro über die Klientel. Da stellt sich die Frage, wie hoch eigentlich der Anteil der Millionäre in Freising ist. Auf den leer gefegten Straßen ist dort jedoch niemand unterwegs, den man fragen könnte.

Die Altstadt ist da etwas interessanter: Um dort wohnen zu können, muss man sich eine frisch sanierte, schicken Altbauwohnung leisten können oder aber lose Kacheln und wellige Tapeten in einstürzenden Altbauten lieben. Zusätzlich besteht wieder die Möglichkeit direkt hineingeboren zu werden oder etwa in den Graben zu heiraten, um dann aber, indischen Verhältnissen ähnlich, mit einer ungeliebten Schwiegermutter unter einem winzigen Dach klarkommen zu müssen. Denn einmal ergattert, verlässt in Freising kaum einer freiwillig sein Nest in einer guten oder bevorzugten Wohnlage.

Die Ghettos sind im Inneren zwar tatsächlich durchmischt, doch immer nur von zwei bis drei sozialen Gruppen, die irgendwie mit einander auskommen. Schwiegermütter jetzt einmal ausgenommen. Insgesamt passt es eigentlich ganz gut: Alte Leute und junge Familien verstehen sich blendend in Lerchenfeld. Studenten genießen das echte Freising-Flair mit den Alteingesessenen im Graben und dazwischen wohnen die Besserverdiener, die das Bröckeln der Altstadt aufhalten. Nur die Prinzen vom Berg bleiben im Dunkeln. Aber vielleicht sind sie bloß einfach nie zu Hause.

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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