Mitten im Landkreis:Von Rittern und Jüngern

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Warum man die Dinge beim Namen nennen sollte und keine Angst vor ABC-Schützen haben muss

Kolumne von Alexander Kappen

Mitte September, das ist erfahrungsgemäß die Zeit, in der man auf der Hut sein sollte. Es ist gefährlich da draußen. Auch hier im Landkreis. Nicht umsonst liest man in lokalen Tageszeitungen zu dieser Jahreszeit regelmäßig Titel wie diesen: "Achtung Abc-Schützen!" Man ist fast geneigt, den Kopf einzuziehen und in Deckung zu gehen. Herbst, Jagdsaison - und überhaupt: Abc-Schützen? Haben die etwa irgendwas mit diesen Abc-Waffen zu tun? Uiuiui, könnte ungemütlich werden . . .

Nun gut, wenn sich die erste Panikattacke gelegt hat, der Angstschweiß getrocknet ist und man wieder so etwas wie einen klaren Gedanken fassen kann, dann dämmert es einem schon wieder, was es mit diesen Abc-Schützen auf sich hat. Sie sind nicht die Gefährder, sondern die Gefährdeten. Als die Kleinsten und Unerfahrensten muss man auf sie gerade zu Beginn des Schuljahres im Straßenverkehr besonders Acht geben. Aber abgesehen davon: Kann man das Kind nicht einfach beim Namen nennen? Schulanfänger. Tut doch gar nicht weh. Sicher, die 37. Wortwiederholung in einem Zehn-Zeilen-Text kommt schon auch irgendwie unsexy daher. Andererseits: Lassen wir einen Schulanfänger doch einfach einen Schulanfänger sein. Und einen Radfahrer einen Radfahrer - und diffamieren diesen nicht als Pedalritter. Was soll denn das sein? Der ärgste Feind vom Schwarzen Ritter? Der beste Freund vom Armen Ritter? Der Cousin vom Ritter Schrott? Der kleine Bruder vom Ritter der Kokosnuss?

Und reicht es bei einem Feuerwehrmann nicht, ihn zur Vermeidung lästiger Wiederholungen - wenn's denn sein muss - als Brandbekämpfer zu bezeichnen? Oder muss es unbedingt gleich ein Floriansjünger sein, der jedes gesunde Sprachempfinden in nervöse Zuckungen versetzt? Floriansjünger, das klingt irgendwie nicht so sehr nach Retter in der Not. Sondern eher nach den Mitgliedern einer dubiosen Sekte, die sich bei Vollmond auf einer abgelegenen Bergwiese in den Schweizer Alpen treffen, während des exzessiven Dauerlutschens von heimischen Kräuterbonbons auf die Morgendämmerung warten, sodann auf die Welt vor ihren Füßen hinabblicken und sich fragen: Wer hat's erfunden? Und natürlich kann die Antwort nur lauten: der Florian.

© SZ vom 12.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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