Mitten im Landkreis:In drei Stunden zum Diplom

Lesezeit: 1 min

Wie man im Handumdrehen zum professionellen Nikolaus wird

Kolumne von Alexander Kappen

Nachwuchssorgen gehören in der heutigen Zeit in sämtlichen Branchen zum Standardrepertoire - von den Geflügelzüchtern, wo ein 66-jähriger Moosburger kürzlich als Vorsitzender in die Bresche springen musste, um die Auflösung des gesamten Kreisverbands München zu verhindern, bis zur Feuerwehr in Hetzenhausen, die mal wieder kurz vor dem Aus steht und die Bevölkerung diesen Freitag in einer extra einberufenen Versammlung über den Ernst der Lage informiert. Damit zumindest die Nikolaus-Zunft, die in vier Wochen in die neue Saison startet, in absehbarer Zeit nicht ebenfalls in personelle Schieflage gerät, weil der Nachwuchs eine möglicherweise langwierige und entbehrungsreiche Ausbildung scheut, gibt es nun ein besonderes Highspeed-Angebot, das solchen Befürchtungen vorbaut: "In drei Stunden zum Nikolaus-Diplom".

Die Schulungen vom Erzbischöflichen Jugendamt München und Freising und dem Fachreferat Kinderpastoral im Erzbischöflichen Ordinariat München bereiten "jeweils rund zehn Nikolausdarsteller auf ihre Einsätze in Familien und Einrichtungen vor", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Teilnehmer bekommen "Tipps zur Vorbereitung der Nikolausbesuche, damit die Nikolausfeier für die Kinder und Familien ein schönes Erlebnis wird". Unter anderem gehe es "um eine Einführung in das Leben des Heiligen Nikolaus, die Botschaft des Nikolaustages und angemessene Kleidung". Na ja, und falls ein Teilnehmer trotz dreistündigem Hardcore-Nikolausing sich nicht alles merken kann, erhalten die Teilnehmer ein 60-seitiges Handbuch, "in dem wichtige Informationen und Materialien zusammengestellt sind". Statt eine Diplomarbeit schreiben zu müssen, bekommt man quasi beim Nikolaus-Diplom eine bereits verfasste mit nach Hause. Ein Modell, das - so es auch an Universitäten Anwendung fände - so manchem Politiker, der mit dem Schreiben von Doktor- und ähnlichen Arbeiten auf Kriegsfuß steht, einiges an Ärger erspart hätte.

Weder eine Arbeit schreiben noch eine mit nach Hause nehmen muss beziehungsweise kann übrigens, wer sich für den Job als Krampus interessiert. Der ist in besagtem Kurs nicht vorgesehen. Früher war er stets im gemischten Doppel mit dem Nikolaus auf Tour, um - Prinzip "good cop, bad cop" - bei den Hausbesuchen die nötige Strenge walten zu lassen. Braucht man heute nicht mehr? Von wegen! In einer Moosburger Facebook-Gruppe erkundigte sich jetzt eine Userin nach einem Nikolaus - und ihr ging es nicht darum, dass der gute Mann ein Diplom, sondern einen Krampus dabei hat.

© SZ vom 08.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: