"Mitanand"-Festival:Freisinger Momentaufnahmen

Lesezeit: 2 min

Die Umgebung durch genaues Hinsehen und mit Kreativität neu entdecken - darum geht es bei der Zeichensafari. (Foto: oh)

Mit Stift und Handschuhen gehen 40 Workshop-Teilnehmer in der Innenstadt auf Zeichensafari. Ihre Bilder sind zum Auftakt des "Mitanand"-Festivals im Popup-Store zu sehen

Von Katharina Aurich, Freising

Warme Kleidung und vor allem Handschuhe für frierende Finger und Mützen sind neben dem Zeichenmaterial die wichtigste Ausrüstung bei der zweiten Zeichensafari gewesen. 40 experimentierfreudige Teilnehmer aller Altersstufen trafen sich dazu an verschiedenen Punkten in der Freisinger Innenstadt. Fünf Künstler, unter ihnen Karl-Heinz Einberger, der an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf angehende Landschaftsarchitekten in "Künstlerischer Praxis" unterrichtet sowie Sabrina Wilk, zuständig für "Darstellung und Visualisierung", zeigten, wie man sein Lieblingsmotiv künstlerisch umsetzt.

Die beiden Dozenten hatten die kostenlosen Kunstworkshops unter freiem Himmel für jedermann bereits beim "Zamma"-Festival angeboten, nun startete die zweite Zeichensafari anlässlich des Nachfolgers "Mitanand" - wenn gleich es eigentlich erst an diesem Donnerstag startet. "Wir wollen den Postkartenblick erweitern, für den Künstler selbst und auch für den Betrachter", beschreibt Einberger das Ziel der Workshops. Herausgekommen sind ganz unterschiedliche, sehr individuelle Momentaufnahmen aus der Freisinger Innenstadt, die von diesem Donnerstag an im Popup-Store des Vereins Aktive City am Marienplatz zu sehen sind.

Mutter und Tochter hatten es sich in der Fischergasse gegenüber dem Alten Gefängnis auf Campingstühlen halbwegs bequem gemacht, vor sich ein Aquarellskizzenblock. Die beiden nutzten die Gelegenheit, unter Anleitung ihr Freisinger Lieblingsmotiv, den Blick auf die alten Häuser der Fischergasse, auf Papier zu bannen. Wilk, die die Tradition der Zeichensessions, zu denen sich regelmäßig kunstbegeisterte Laien treffen, aus England kennt, zeigte, wie man ein Aquarell beginnt - nämlich mit einer Bleistiftskizze. Vor allem die Perspektive sei wichtig, wenn man Häuser oder Straßenfluchten zeichne, so Wilk. Sorgfältig und konzentriert entstanden auf den Blättern langsam Abbilder der Realität.

Inzwischen weckte die kleine Gruppe die Neugier der Passanten, die stehen blieben und zusahen. "Man braucht Mut, um zu zeichnen, wenn andere zuschauen," weiß Wilk. Aber man komme auch mit Passanten ins Gespräch, zum Beispiel über das Motiv. Die zarten Aquarelle drückten auch die Wertschätzung der Fischergasse aus, findet die Dozentin. Wenn keine neugierigen Zuschauer vorbeikamen, war es nahezu still, nur das Plätschern der Moosach war zu hören. "Wenn wir zeichnen, vergessen wir alles um uns herum", schilderten die Teilnehmer der vier- bis sechsstündigen Workshops. Nicht nur mit Aquarellfarbe, auch mit Bleistift, Filzstiften, Kugelschreiber oder Holzkohle, "einem traumhaften Anfängermaterial", wie Einberger schwärmte, wurde an anderen Orten der Innenstadt gearbeitet. Auf dem Weg zum Domberg konzentrierte sich eine Gruppe, unter ihnen auch einige Flüchtlinge, auf das Muster der Steine. "Normalerweise schauen wir nur ganz kurz auf den Boden vor uns", sagt Einberger. Beim zweiten Hinsehen entdecke man aber Strukturen, Schatten und Linien, die die Fantasie beflügeln. "Beim Zeichnen eigne ich mir auch einen kleinen Ausschnitt der Stadt an", findet Einberger.

Den Initiatoren der Zeichensafari geht es jedoch nicht nur um das Vermitteln von Techniken oder die Schärfung des Blicks für die Umgebung. "Wir möchten ganz unterschiedliche Menschen über die Kunst zusammenbringen, die Stadtgesellschaft aktivieren", sagt Einberger. Das ist den Dozenten auch gelungen. Trotz des üblen Wetters habe keiner einen Workshop abgebrochen, freuen sie sich. Einberger und Wilk werden bald wieder zu einer Zeichensafari einladen - nicht, um exotische Tiere zu fotografieren, sondern um die Umgebung durch genaues Hinsehen und Kreativität neu zu entdecken.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: