Mildes Urteil:Das Leben nicht verbauen

Lesezeit: 2 min

40-jähriger Bauunternehmer, der wegen Veruntreuung und Schwarzfahrens angeklagt ist, erhält vom Freisinger Amtsgericht eine Bewährungsstrafe

Von Alexander Kappen, Freising

Das Rechtsgespräch zwischen Richterin, Staatsanwalt und Verteidiger im Nebenraum zog sich ganz schön in die Länge. Für den Angeklagten aber lohnte sich das Warten. Obwohl er ein beachtliches Vorstrafenregister, etwa so dick wie das Telefonbuch einer Kleinstadt, als Handicap mit in die Verhandlung gebracht hatte, verurteilte das Freisinger Amtsgerichts den selbständigen Bauunternehmer aus dem südlichen Landkreis wegen Schwarzfahrens mit dem öffentlichen Nahverkehr in 25 Fällen sowie nicht abgeführter Krankenversicherungsbeiträge für einen Angestellten in fünf Fällen zu einer einjährigen Bewährungsstrafe.

Das Urteil basierte auf einer Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten. Dass der 40-jährige Angeklagte relativ glimpflich davon kam, obwohl er bereits 13, teils einschlägige Vorstrafen zu Buche stehen hatte, lag an seinem vollständigen Geständnis. Diesem räume sie einen "sehr hohen Stellenwert" ein, sagte Richterin Tanja Weihönig. Das Geständnis ersparte dem Gericht eine langwierige Beweisaufnahme mit der Vernehmung von etwa 30 Zeugen, die wohl mindestens einen Tag lang gedauert hätte. Hauptanklagepunkt war in der Verhandlung das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt. Als Inhaber einer Abbruch- und Trockenbaufirma hatte der 40-Jährige zwischen November 2014 und März 2015 für einen Angestellten Krankenversicherungsbeiträge in einer Gesamthöhe von 1314,61 Euro nicht abgeführt. Der Verteidiger verwies darauf, dass sein Mandant den Angestellten nicht einfach habe schwarz arbeiten lassen. "Er hat für ihn Lohnabrechnungen erstellt und ihn auch bei der Krankenkasse gemeldet, aber er konnte die Kassenbeiträge damals einfach nicht bezahlen, weil einige Rechnungen von seinen Auftraggebern noch offen waren." Sein Mandant habe sich extra Geld geliehen, damit aber zum Wohl seiner Angestellten lieber deren Lohn gezahlt, statt die Kassenbeiträge.

Was die 25 Schwarzfahrten mit der Bahn im Gesamtwert von 165 Euro anbelangt, verwies der Verteidiger auf ein Isar-Card-Abo, das der Angeklagte abgeschlossen habe. Weil er die Rechnung offenbar nicht mehr bezahlen konnte, wurde das Abo von der Münchner Verkehrsgesellschaft jedoch gekündigt. Der Angeklagte fuhr trotzdem weiter Bahn. Den Schaden hat er bereits beglichen. Das rechnete ihm die Richterin neben dem Geständnis ebenso positiv an wie die Tatsache, dass die Taten schon weiter zurück liegen und er inzwischen wieder einen festen Wohnsitz hat, nachdem er zwischenzeitlich in einem Container gelebt hatte. Zudem zahle er regelmäßig den Unterhalt für seine zwei Kinder und betreibe eine Firma, habe also einen Job. Trotz einiger Bedenken bezüglich der Bewährung wolle sie dem Angeklagten "den Weg in ein geregeltes Leben nicht verbauen", so die Richterin

Dennoch verwies sie auf das "massive Vorstrafenregister" mit mehreren einschlägigen Delikten. Einige Taten fielen in die Zeit einer noch offenen Restbewährung. Zudem missfiel ihr die Art, wie der Angeklagte bezüglich der Probleme mit dem Fahrkarten-Abo und der Kassenbeiträge "einfach den Kopf in den Sand gesteckt hat, als es mit der Firma nicht so lief" und er Geldsorgen hatte. Um derartige Probleme künftig besser zu meistern, stellt sie ihm deshalb einen Bewährungshelfer zur Seite. Dies Bewährungszeit beträgt dreieinhalb Jahre. Die Schulden bei der Krankenkasse muss der Angeklagte innerhalb eines halben Jahres in Raten begleichen. Das machte ihm die Richterin zur Auflage.

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: