Marianne Sägebrecht:Den Tod nicht wegschieben

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Die Schauspielerin beschäftigt sich viel mit dem Thema Sterben und arbeitet in einem Hospiz mit. Nach Freising kommt sie mit dem Programm "Sterbelieder fürs Leben"

Interview von Ann-Kathrin Kapteinat, Freising

- Der Tod ist ein fester Bestandteil des Lebens, dieser Überzeugung ist Marianne Sägebrecht bereits seit ihrer Kindheit. Hemmungen vor dem Thema hatte die Schauspielerin, die ehrenamtlich in einem Hospiz tätig ist, nie. Mit ihrem Programm "Sterbelieder fürs Leben" steht sie bereits seit sieben Jahren gemeinsam mit Josef Brustmann und Andreas Arnold auf der Bühne. Am Mittwoch, 28. März, tritt das Trio um 20 Uhr im Lindenkeller in Freising auf.

SZ: Was bewegt Sie so an diesem Programm, dass Sie seit inzwischen sieben Jahren ein Teil davon sind?

Marianne Sägebrecht: Die grundsätzliche Philosophie dahinter. Der Tod wird nicht weggeschoben, er wird ins Leben eingegliedert, ist ein Teil davon. Ich glaube, dass Geburt und Todestag von Anfang an bestimmt sind. Den Tod kann man nicht beeinflussen, die "Mitte" des Lebens ist durch die Übernahme von Selbstverantwortung entscheidend.

Wie kamen Sie auf die Idee mit dem Programm und wie wählen Sie die Texte aus?

Angefangen hat alles, als Josef einmal eine Laudatio auf mich halten sollte. Er hat damals bei den Gesprächen festgestellt, dass ich für das Thema sehr zugänglich bin. Zwei von Josefs acht Geschwistern sind sehr früh gestorben, woraufhin er angefangen hat, Gedichte zu sammeln, die sich mit dem Sterben, dem Tod und dem Trost beschäftigen. Ich habe dieser Sammlung dann noch Gedichte hinzugefügt, die ich selbst sehr gerne habe und damit haben wir dann das Programm auf die Beine gestellt. Ich lese, Josef vertont Texte, zum Beispiel von Peter Maiwald, singt und bringt auch einen Kabarett-Beitrag mit ein. Andreas begleitet uns dabei musikalisch und spielt manchmal eigene, spontane Kreationen auf seinem Saxofon oder seiner Klarinette.

Man erlebt Sie immer als lebensfrohe und fröhliche Person. Wie kam es dazu, dass Sie sich so intensiv mit dem Thema Tod beschäftigt haben?

Ich bin auf dem Land aufgewachsen, das Verhältnis zum Thema "Tod und Sterben" war dort damals auch noch ein anderes. Es war normal, die Menschen in ihrem Sterbeprozess zu begleiten, sich um sie zu kümmern und bis zum Schluss bei ihnen zu sein. Unser katholischer Kaplan nahm mich mit ins Krankenhaus, als ich 14 Jahre alt war. Er gab die letzte Ölung, ich habe vorgelesen und Hände gestreichelt. Später bin ich mit jungen Schülerinnen dort hingegangen. Auch jetzt gehe ich noch in München ins Hospiz und lese den Menschen dort vor.

Für viele Menschen sind Sterben und Tod Tabuthemen, die gerne verdrängt werden. Merken Sie etwas von dieser Haltung, wenn Sie vor Ihr Publikum treten?

Nein. In der Regel gibt es davor ein kleines Gespräch. Die Leute erfahren, worum es geht und auch, dass das Hospiz und die palliative Medizin Herzensangelegenheit für uns sind. Die Menschen, die zu dem Programm kommen, haben ein ähnliches Interesse, ähnliche Schwingungen. Die Stimmung ist nicht düster, aber auch nicht sarkastisch oder überspitzt. In unserem Programm beschäftigen wir uns mit den schönsten und trostreichsten Gedichten und Sterbeliedern von Rilke, Heine, Trakl, Eichendorff, Bergengruen, Brentano, Bobrowski, Maiwald, Gernhardt und Brustmann. Oft inspirieren wir unsere Zuhörer damit auch dazu, sich weiter mit Lyrik zu beschäftigen. Einige kaufen sich dann sogar Gedichtbände, weil sie gerne mehr von den Autoren lesen möchten. Das ist sehr schön, vor allem da die Lyrik ja leider oft zu einer aussterbenden Gattung gezählt wird. Dass immer noch viele Leute sich von lyrischen Dichtungen begeistern lassen, sieht man auch an unseren Veranstaltungsorten. Die Tafelhalle in Nürnberg mit 400 Plätzen war zum Beispiel fast voll besetzt - Freude pur!

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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