Mangel an Auszubildenden wird zum Dauerzustand:Hilferuf aus der Gastronomie

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Von 124 gemeldeten Lehrstellen sind 53 immer noch unbesetzt. Die Jobs in der Küche, im Restaurant oder im Hotel leiden auch wegen der Arbeitszeiten unter einem Imageproblem

Von Petra Schnirch, Freising

Der Mangel an Bewerbern werde "immer mehr zum Dauerzustand", klagt Otto Heinz, Vorsitzender des IHK-Gremiums Erding-Freising. Die Betriebe tun sich zunehmend schwer damit, Ausbildungsplätze überhaupt zu besetzen. Besonders betroffen: die Gastronomie. Kommt im Landkreis theoretisch auf jeden Bewerber ein Ausbildungsplatz, sind es in Hotels und Gaststätten 2,3. Von den 124 Stellen, die der Arbeitsagentur hier in den vergangenen elf Monaten gemeldet wurden, sind 53 unbesetzt geblieben. Insgesamt gibt es im Landkreis quer durch alle Branchen noch 324 freie Lehrstellen.

Berufsbilder wie Koch, Hotelfachfrau/-mann oder Restaurantfachfrau-/mann leiden unter einem Imageproblem. Oft muss abends oder an den Wochenenden gearbeitet werden. "Ein bequemer Beruf ist Koch nicht", sagt Christian Thalmair, Personalleiter bei der Allresto am Flughafen. "Da ist man den ganzen Tag auf den Füßen." Dabei "hat der Beruf seine Vorteile", sagt Claudia Maisberger, Ausbildungsbeauftragte des Hotel- und Gaststättenverbands. Man habe unter der Woche frei und könne in Ruhe einkaufen, gerade vor Weihnachten erspare man sich dadurch viel Hektik. Und "man kann die ganze Welt bereisen". Auch die Karrierechancen seien sehr gut. Ein Ex-Lehrling aus ihrem Betrieb sei zunächst nach Australien gegangen, danach habe er ein Jobangebot als Empfangschef bekommen. Die meisten Eltern aber, das weiß Claudia Maisberger aus Erfahrung, wünschen sich für ihre Kinder eher "was am Computer". Viele Betriebe suchten deshalb händeringend nach Nachwuchs.

Für Florian Beyerer, er hat im Neufahrner Gasthaus Maisberger gelernt und arbeitet noch immer dort, stand früh fest, dass er Koch werden will - und der 24-Jährige hat die Entscheidung bisher nicht bereut. Er habe schon in der Schule gern gekocht, erzählt er. Die Arbeitszeiten stören ihn nicht, vielmehr genießt er es, unter der Woche frei zu haben. Sein Freundeskreis aber habe sich, vermutlich nicht zuletzt dadurch, extrem geändert, räumt er ein. Fast alle Bekannten seien ebenfalls aus der Gastronomie, auch die Freundin.

Die Anforderungen in dieser Branche seien speziell, sagt auch Christine Schöps, Sprecherin der Arbeitsagentur Freising. Viele Betriebe bevorzugten ältere Bewerber, die bereits 18 sind oder es bald werden, damit sie schon während der Ausbildung auch abends eingesetzt werden können. Einige Gasthäuser oder Hotels auf dem Land seien für noch nicht motorisierte junge Leute zudem schwer zu erreichen. "Das macht den Kreis der Bewerber kleiner." Personalzimmer, wie sie früher oftmals vorgehalten wurden, gebe es fast nirgends mehr. Für junge Leute von außerhalb kommen die Stellen folglich meist nicht in Frage. Und auch Christine Schöps sagt: "Andere Berufe sind einfach beliebter."

Dabei ist die Gastronomie im Landkreis kein unerheblicher Faktor: Insgesamt 3522 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten derzeit in den Betrieben, 2496 davon in den Gastroberufen selbst, von der Restaurantfachfrau bis zum Koch. Das sind 3,2 Prozent der Arbeitnehmer, Tendenz steigend. 31 der 276 Betriebe bildet aus, sie beschäftigen 168 Azubis.

Die Arbeitgeber haben auf die schwierige Situation reagiert und machen Abstriche. Sie stelle auch 15-Jährige ein, schildert Claudia Maisberger. Um für das Berufsbild zu werben, geht sie in Schulen und auf Messen. Zu einem der drei Azubis, die in diesen Tagen ihre Ausbildung bei Maisbergers beginnen, sei dort der Kontakt geknüpft worden.

Sehr präsent auf Messen ist auch die Allresto, eine Tochter der Flughafengesellschaft. Alle zwölf neuen Lehrstellen seien in diesem Herbst besetzt, sagt Christian Thalmair. "Das ist uns allerdings nicht zugeflogen." Zwar profitiere die Allresto von der Faszination, die der Flughafen auf viele junge Leute ausübe. Er höre in den Gesprächen mit den Bewerbern oft: "Ich wollte immer schon am Flughafen arbeiten". Das sei ein gewisser Vorteil in der Branche. Dennoch sei es auch am Airport schwieriger geworden, in dieser Branche Nachwuchs zu finden. "Man muss auf jeden Fall mehr tun als früher." Ende Juli hat die Personalabteilung bereits wieder damit begonnen, Auszubildende für September 2016 zu suchen. "Auf der faulen Haut liegen darf man nicht", sagt Christian Thalmair. Trotz der Schwierigkeiten ist Claudia Maisberger aber davon überzeugt, dass die Gastro-Berufe Zukunft haben. "Essen werden die Leute immer."

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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