Lang ist`s her:28 Prozent für die SPD

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So hat ein Stimmzettel zur Landtagswahl im Jahr 1950 ausgesehen. Nicht nur einige der Parteien, die damals mitmischten, spielen heute keine Rolle mehr. Auch das Ergebnis der SPD wird aller Voraussicht nach anders ausfallen. (Foto: Stadtarchiv)

"Archivstück des Monats" erinnert an Sieg der Genossen bei der Landtagswahl 1950

Am Sonntag, 14. Oktober, sind die bayerischen Wählerinnen und Wähler wieder dazu aufgerufen, einen neuen Landtag und dazu die sieben bayerischen Bezirkstage zu wählen. Zu diesem Anlass stellt das Stadtarchiv Freising als "Archivstück" des Monats Oktober einen Stimmzettel aus dem Jahr 1950 vor und beschäftigt sich ebenfalls mit einer Landtagswahl.

Am 26. November 1950 waren die Bayern zum zweiten Mal nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Diktatur dazu aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Der hier abgebildete Stimmzettel war ein Musterexemplar, weshalb er als "Ungültig" gekennzeichnet worden ist. Er diente den Wahlhelfern als Vergleichsmöglichkeit, um so eventuelle Fälschungen erkennen zu können. Der Stimmzettel zeigt die Stimmkreisbewerber der Stadt und des Landkreises Freising im Wahlkreis Oberbayern, welche sich für ein politisches Amt im bayerischen Landtag zur Wahl stellten.

Wählbar waren Vertreter der CSU, SPD, FDP und der Bayernpartei sowie die heute nicht mehr in diesen Formen existierenden Parteien und Vereinigungen, etwa die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV), die Vereinigung wirtschaftlich und politisch Entrechteter, der Deutschen Gemeinschaftsblock der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE/DG) und der Wahlblock der Kriegsgeschädigten Heimatvertriebenen-Entrechteten.

Im Stimmkreis Freising erhielt schließlich der Kandidat der Bayernpartei, der Landwirt Xaver Ernst, mit 12 357 Stimmen die Mehrheit der Stimmen, vor dem Vertreter der CSU, Franz Heubl, mit 9818 Stimmen und dem Vertreter der SPD, Christian Roith, für den 9512 Wähler stimmten.

Stärkste Kraft in Bayern wurde bei der Landtagswahl 1950 erstmals in ihrer Geschichte die SPD, mit 28 Prozent. Sie lag damit knapp vor der CSU, die mit 27,4 Prozent der Stimmen ihr bislang schlechtestes Ergebnis hinnehmen musste. Fast 40 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen auf die kleineren Parteien. Die großen Gewinner waren hier die 1946 gegründete Bayernpartei mit 17,9 Prozent und der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten/Deutsche Gemeinschaft (BHE-DG) mit 12,3 Prozent der Stimmen, beide beteiligten sich 1950 erstmals an den bayerischen Landtagswahlen. Auch die 1948 gegründete FDP überwand mit 7,2 Prozent die Sperrhürde und zog das erste Mal in den bayerischen Landtag ein. Die KPD und die WAV fielen dagegen mit 2,8 und 1,9 Prozent der Stimmen aus dem Landtag.

In Folge der Überhangmandate erhielt schließlich jedoch die CSU, trotz des schlechteren Wahlergebnisses, einen Sitz mehr im Landesparlament, weshalb der Auftrag zur Regierungsbildung an den amtierenden Ministerpräsidenten Hans Ehard (CSU) ging. Dieser hatte nun zwei Optionen für eine Koalition: den Zusammenschluss mit der SPD oder eine bürgerliche Koalition mit der Bayernpartei und dem BHE/DG. Die zweite Option wäre von der Bundesebene der CDU/CSU unter Kanzler Konrad Adenauer vorgezogen worden, allerdings entschied sich der Ministerpräsident für eine große Koalition, die sowohl von CSU- als auch SPD-Abgeordneten getragen wurde. Ehard suchte in der Koalition den Ausgleich und wollte, dass die Arbeit seines Kabinetts möglichst wenig durch Parteipolitik eingeschränkt wurde.

Die Koalition diente der Überbrückung politischer Gegensätze sowie der Öffnung gegenüber den fränkischen Landesteilen, Protestanten und Vertriebenen. Als wichtigste Aufgaben sah der Ministerpräsident, in der Kultur- und Schulpolitik den Status quo zu erhalten, die Flüchtlinge und Vertriebenen zu integrieren, den Wohnungsbau zu fördern, im Agrarstaat Bayern die Industrialisierung voranzutreiben und die Gesetze für die in der Verfassung vorgesehene Kommunalreform auszuarbeiten. In der Rückschau gelang dies der Regierung Ehard weitestgehend.

Quelle: Stadtarchiv Freising; Altregistratur nach 1945 0470007 - Landtagswahl 1950.

© SZ vom 02.10.2018 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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