Landwirtschaftliches Forschungsprojekt:Rückbesinnung auf die Linse

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Die Nachfrage nach regional erzeugten Hülsenfrüchten steigt. Deshalb untersucht die Landesanstalt für Landwirtschaft, wie die anspruchsvolle Kultur angebaut werden kann. Der Neufahrner Bio-Bauer Christian Meidinger testet mit

Von Petra Schnirch

Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) will den Anbau von Hülsenfrüchten wie Linsen hierzulande wieder etablieren, denn sie haben einen hohen Eiweiß- und Ballaststoffgehalt, sind also sehr gesund. Für das Forschungsprojekt "Speiseleguminosen Bio-Bayern" arbeitet sie eng mit Bio-Landwirt Christian Meidinger aus Mintraching zusammen. Die erste Ernte ist gut gelaufen, hat aber gezeigt: Die Verarbeitung "ist relativ komplex" und stellt die Landwirte vor Herausforderungen, wie Meidinger sagt.

Der Kontakt Meidingers zur Landesanstalt kam vor etwa zwei Jahren zustande. Das Thema habe ihn schon länger interessiert, erzählt er. Schon in den Vierzigerjahren waren auf dem Betrieb der Familie Linsen geerntet worden. Doch mit zunehmendem Einsatz von Mineraldünger sei der arbeitsaufwendige Linsen-Gemengeanbau hierzulande eingestellt worden, heißt es von Seiten der Landesanstalt. Viel Wissen ging damit verloren - und auch die Verarbeitungsmethoden haben sich verändert, denn früher geschah noch sehr viel in Handarbeit.

Die Bodenverhältnisse in der Münchner Schotterebene eignen sich laut LfL sehr gut für den Linsenanbau. Mit ihrem Forschungsprojekt wollen die Experten Anbauempfehlungen und praxisorientierte Hilfestellungen für den Umgang mit Linsenpflanzen, aber auch Buschbohnen oder Kichererbsen geben. Die Schwierigkeit speziell bei den Linsen: Sie brauchen eine sogenannte Stützfrucht, die Pflanze selbst hat keine eigene Standkraft. Bei Regen oder Sturm würde sie auf den Boden gedrückt. Das würde das Risiko der Fäulnis erhöhen und die Ernte erschweren.

Auf etwa einem halben Hektar baute Meidinger in diesem Jahr zwei verschiedene Typen an, die Beluga mit ihren zwei bis drei Millimeter großen schwarzen Samen, deren Geschmack an Maronen erinnert, sowie die Anicia, eine grünmarmorierte Hülsenfrucht, die nach Angaben der LfL der französischen Le-Puy-Linse ähnelt, mit leicht nussigem Aroma. Die Aussaat erfolgte im März. Bis zur Ernte dokumentierte Bärbel Eisenmann, Projektmitarbeiterin an der Landesanstalt, Kulturverlauf und wichtige Kenndaten. Der Ertrag sei zufriedenstellend.

Stützfrucht war in diesem Fall die Gerste, das heißt, beide Pflanzen wurden miteinander angebaut. Das Dreschen im Gemenge sei für den erfahrenen Landwirt kein Problem gewesen, bilanziert die LfL - trotz des hohen Grünanteils der Linsenpflanzen. Vor allem bei der Anicia erwies sich die Trennung von der Gerste jedoch als schwierig, wie Meidinger schildert, weil die Körner in etwa gleich groß sind. Bei der Beluga-Linse sei dies einfacher. Für die Reinigung fuhr er zu einem Spezialisten nach Österreich.

Mit dem Projekt will die LfL auch herausfinden, welche Kulturen sich für den Anbau in Bayern eignen und auf welchen Standorten sie sich gut entwickeln. Nicht nur für die menschliche Ernährung gelten Linsen als sehr wertvoll, sie verbessern auch die Nährstoffversorgung der Böden, sie binden Stickstoff aus der Luft, der dann als Dünger für nachfolgende Kulturen dienen kann. Außerdem fördern sie laut LfL die Biodiversität und sind Lebensraum für wichtige Bestäuber wie Bienen und Hummeln. "Diese Eigenschaften machen sie zu attraktiven Pflanzen für eine umweltfreundliche und nachhaltige Landwirtschaft", heißt es in einer Mitteilung.

Die LfL arbeitet in dem Projekt mit Experten aus Baden-Württemberg und Österreich zusammen, Versuche finden an verschiedenen LfL-Standorten und auf Pionierbetrieben statt. "Ziel sind funktionierende Anbauverfahren, damit die Landwirte bei diesen anspruchsvollen Kulturen nicht teures Lehrgeld bezahlen müssen." Außerdem sollen neue Marktpotenziale erschlossen werden. Gerade die Nachfrage nach regional erzeugten Hülsenfrüchten in Öko-Qualität steigt laut LfL. Auch im aktuellen Trend zu fleischreduzierter, vegetarischer oder veganer Ernährung sieht sie neue Marktchancen, davon profitieren könnten Landwirte, Verarbeiter und der regionale Lebensmitteleinzelhandel.

Mit dem Anbau von Linsen liebäugelt der Mintrachinger Öko-Landwirt Christian Meidinger weiterhin, auch wenn er glaubt, dass das ein Nischenprodukt bleiben wird. Allerdings müsse er in die Arbeitsabläufe am Hof reinpassen, sagt er. "Arbeitszeit ist unsere wichtigste Ressource." Das beinhalte, dass keine zu langen Anfahrtszeiten zu weiterverarbeitenden Betrieben erforderlich sind. Deshalb erwägt Meidinger, selbst Reinigungsmaschinen anzuschaffen - auch als Dienstleister für andere Landwirte. Zudem müsse die Vermarktung funktionieren, sagt er. Jetzt konzentriere er sich aber erst einmal voll auf die Kartoffelernte, sein Hauptstandbein.

Weitere Informationen auf der Projektseite "Speiseleguminosen BioBayern" www.lfl.bayern.de/speiseleguminosen

© SZ vom 06.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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