Krankenkassen in der Kritik:Volkshochschulen erwägen Aus für Gesundheitskurse

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Wer künftig einen Zuschuss will, muss umfangreiche Auflagen erfüllen. Für die VHS-Leiter ist das "Bürokratismus"

Von Alexandra Vettori, Freising

Von 1. Januar 2016 an führen die Krankenkassen einen neuen Modus bei der Bezuschussung von Gesundheitskursen ein. Davon betroffen sind auch die Volkshochschulen (VHS), bei denen Kurse zum Thema Gesundheit und Bewegung seit Jahren einen Schwerpunkt bilden. Bisher konnte, wer Yoga, Pilates oder Rückengymnastik bei der VHS betrieb, je nach Kurs und Krankenkasse, auf einen Kassenzuschuss von bis zu 80 Prozent hoffen. Von nächstem Sommersemester an ist damit bei den meisten Volkshochschulen aber Schluss. Denn viele weigern sich, beim neuen Procedere mitzumachen. Für die laufenden Kurse im Wintersemester gilt, so sie die schon bisher geltenden Vorgaben der Kassen erfüllen, noch die üblichen Regelung.

Hintergrund ist die geplante bundesweit zentrale Überprüfung der Zuschussfähigkeit von Gesundheitskursen durch die Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP) in Essen. Jeder Anbieter, also auch die Volkshochschulen, muss dort künftig jeden Gesundheitskurs prüfen, bestätigen und registrieren lassen. Dazu sind Angaben nötig, die bisher schon notwendig war, zum Beispiel die Kursleiterqualifikationsnachweise. Die Kassen haben schon seit Jahren meistens nur Kurse bezuschusst, deren Kursleiter eine Grundqualifikation aus dem medizinischen oder pädagogischen Bereich aufwiesen. In Zukunft wollen sie aber auch genau über die Inhalte der einzelnen Stunden Bescheid wissen, fordern pro Kurs ein Kurshandbuch, einen wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit und eine Evaluation der Teilnehmer, mindestens per Fragebogen. Außerdem darf ein zuschussfähiger Kurs nicht öfter als zwölf Mal stattfinden, nicht länger als 90 Minuten dauern und maximal 15 Teilnehmenden haben.

Für Oliver Dorn, Leiter der Freisinger VHS ist die Sache klar: Freising macht nicht mit. 200 Gesundheitskurse bietet die VHS pro Semester an, mit 1250 Teilnehmern. Die neue Regelung bedeute nicht nur einen zeit- und personalintensiven Aufwand, der eigentlich Sache der Krankenkassen sei. Sondern, hält er mit Kritik nicht hinter dem Berg, beschneide auch die Autonomie des Anbieters. "Ich führe hier nicht nur Vorgaben aus", sagt Dorn. Zwischen VHS und Kursleitern bestehe schon jetzt ein enger Kontakt, mit dem Ziel, möglichst gute Qualität zu bieten. Was Dorn am 110-seitigen Leitfaden Prävention ebenfalls stört, ist, dass den Anbietern mit einer Strafe von 5000 Euro gedroht wird, wenn sie die organisatorischen, sachlichen, fachlichen und personellen Voraussetzungen nicht erfüllen.

Auch Gerda Fischer, Leiterin der Moosburger VHS, sieht die Sache kritisch. "Grundsätzlich wollen wird diesen Bürokratismus nicht mitmachen", betont sie. Die neuen Vorgaben hätten auch nichts mit Qualität zu tun, "wir waren schon immer gut und wir werden auch in Zukunft gute Kurse anbieten". Wie viele ihrer 201 Gesundheitskurse, die es pro Semester bei der Moosburger VHS gibt, jetzt schon von den Kassen bezuschusst werden, lasse sich schwer abschätzen, allzu viele sind es allerdings nicht. Für besonders unsinnig hält Gerda Fischer die neue Obergrenze von zwölf Stunden pro Kurs. "Das ist doch kein Qualitätsmerkmal, nicht umsonst laufen die meisten Kurse länger."

Erst mal abwarten wird die Neufahrner VHS, wie Leiterin Ulrike Gietl erklärt. Teils hätten sich Kursleiter schon selbst registriert, für die VHS selbst seien die Vorgaben noch zu unklar. "Im nächsten Semester müssen wir dann schauen", sagt sie

Heinrich Hecht, Leiter der AOK Freising, begründet das neue zentrale System damit, dass die Krankenkassen in Deutschland einheitliche Standards anstrebten. Auch verringere sich der Verwaltungsaufwand für die Kassen. Dass der jetzt bei den Anbietern liegt, räumt er ein, aber: "Wir bieten auch Unterstützung an". Im übrigen, so Hecht, gelten die neuen Vorgaben auch für die Gesundheitskurse der Krankenkassen selbst.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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