Kontroverse auf der Bühne:Kontrastprogramm

Lesezeit: 2 min

Die Realschule Freising verabschiedet ihre Jahrgangsbesten (vorne von links): Direktor Bernd Friedrich, OB Tobias Eschenbacher, Stellvertretende Landrätin Barbara Prügl, Julia Huber, Nikolaj Flisiewicz, Viola Birgit Sichert, Johanna Lachner, Andreas Schneider, (hinten von links)Dominik Schick, Laura Stuckenberger, Selina Gleichauf, Tobias Christian Aign, Hannah Katharina Kilian und Carolin van Rijckevorsei. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei der Abschlussfeier der Karl-Meichelbeck-Realschule bekommt die Schülersprecherin viel Applaus für ihre Rede. Eine Lehrerin nutzt die Gelegenheit, Kritik an ihren Schülern zu üben - und erntet selber Kritik

Von Henrike Schulze-Wietis, Freising

Nach mindestens sechs Schuljahren an der Karl-Meichelbeck-Realschule Freising haben die Absolventen der acht Abschlussklassen ihre Zeugnisse am Freitagmorgen entgegen genommen. Etwa zwei Drittel der Schüler wählen die FOS als weiterführende Schule, ein Drittel entscheidet sich für eine Ausbildung. Die Bigband und der Schulchor begleiteten die Feierlichkeiten mit Musik.

Neben verschiedenen Ansprachen und Glückwünschen durch Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher, die stellvertretende Landrätin Barbara Prügl und die Schulleitung Bernd Friedrich und Florian Feldmeier erhielt vor allem Schülersprecherin Solveig Brehm großen Applaus für ihre Rede. Die Absolventin der 10 B machte zunächst auf zwei Sachen aufmerksam: "Wir müssen aufhören, Dinge zu verdrängen und dafür endlich handeln", so Brehm. Dies solle zwar selbständig, aber nicht nur eigensinnig sein. In einem Team zu denken, sei besonders wichtig. Sie motivierte ihre Mitschüler, Entscheidungen zu treffen und Selbstvertrauen ins eigene Handeln zu legen. Äußere Erwartungen anderer und Charme dürften dabei keine Rolle spielen.

Außerdem forderte Brehm ihre Mitschüler auf, ein gewisses Risiko einzugehen, um etwas zu verändern. Dazu führte sie ein Beispiel aus ihrer Zeit als Schülersprecherin an: "Jeden Montagmorgen habe ich euch durch die Sprechanlage einen Witz erzählt. Damit wollte ich euch ein Lächeln schenken, damit ihr motiviert in die Woche starten könnt. Mit dieser Idee bin ich einfach zur Schulleitung gegangen und habe was Neues gewagt", so die Absolventin. Deshalb wünscht sie ihren Mitschülern, fortschrittlich zu denken: Man solle lieber seine eigenen Stärken stärken, anstatt sich zu viele Gedanken über seine Schwächen zu machen. "Seid nicht wie die anderen, denn die anderen gibt es schon", beendete Brehm ihre Ansprache.

Im Kontrast zu dieser positiven Rede sorgten die Worte der Klassenlehrerin der 10H, Lisa Bruckmeier, für Aufsehen: Bei der Zeugnisvergabe richtete jeder Klassenlehrer letzte, meist lobende, Worte an seine Schüler. Bruckmeier, die eine angeblich recht komplizierte Klasse hatte, begann ihre Ansprache mit den Worten: "Meine Rede fällt recht kurz aus, denn auf den Zeugnissen stehen auch keine schlechten Sachen, man lässt sie einfach weg." Weiter machte sie das Publikum darauf aufmerksam, dass die Klasse recht chaotisch gewesen sei, aber man das Schuljahr einigermaßen "zu Ende gebracht" habe.

"Als ich eure Klasse bekommen habe, war die Freude groß - im Lehrerzimmer", so Bruckmeier. Außerdem riet sie einigen Schülern, bitte nicht so zu bleiben, wie sie seien und sich in ihrer Persönlichkeit weiter zu entwickeln. Nachdem alle Zeugnisse vergeben, die elf Schulbesten und die Absolventen mit ehrenamtlichen Engagement geehrt worden waren, ergriff die Mutter einer Schülerin der 10H das Wort und beschwerte sich auf der Bühne bei der Klassenlehrerin über diese Ansprache.

Sie sei enttäuscht und verletzt, dass die gesamte Klasse am Ende ihres Schulweges solch negative Worte bekommen habe. Außerdem forderte die Mutter Schulleiter Friedrich auf, diese öffentliche Rede nicht durchgehen zu lassen. "Mir tut es im Herzen weh", so die Mutter. Falls die Klasse so schwierig gewesen sei, wie es Bruckmeier ausgedrückt habe, hätte sie wenigstens im Laufe des Schuljahres eine informierende E-Mail über das Verhalten erwartet, kritisierte die Mutter.

© SZ vom 20.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: