Kommentar zur Echinger Bürgermeisterwahl:Unorthodox, aber verständlich

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Sebastian Thaler ruft eine Lagerwahl aus, um endlich gestalten zu können

Von Klaus Bachhuber

Sebastian Thaler kam aus der freien Wirtschaft, als er 2016 zum Echinger Bürgermeister gewählt wurde, kommunalpolitisch war er zuvor überhaupt nicht sozialisiert gewesen. Insofern muss das für ihn ein schwerer Kulturschock gewesen sein: Mit einem überwältigenden Votum von 62 Prozent ins Amt gewählt - und dann im Gemeinderat permanent überstimmt von der CSU, die bei der Wahl gegen ihn untergegangen ist, und den Freien Wählern Eching (FW), einer Gruppierung, die häufig "hü" argumentiert und "hott" abstimmt.

Vor einer eventuellen Wiederwahl hat der Bürgermeister nun die Faxen dicke. Mit seiner unorthodoxen Ansage, eine Wahl nur dann anzutreten, wenn der parallel gewählte neue Gemeinderat Aufgeschlossenheit und Verlässlichkeit erahnen lasse, macht er die Kommunalwahl im März 2020 zur Lagerwahl: wir oder die! Auch wenn die Prämisse nun eine Steilvorlage für seine Gegner ist, ihm wahlweise Erpressung, Überheblichkeit oder Demokratieferne vorzuwerfen: Es ehrt Thaler enorm, dass er mit absolut offenen Karten spielt. Jeder Echinger weiß bei ihm, woran er ist.

Persönlich verdenken kann's ihm eh keiner, dass er lieber mit Gemeinderäten arbeitet, die ihm zugewandt sind. Und für die Gemeinde ist alles effektiver als der bisherige zersetzende Kleinkrieg um 1000-Euro-Beträge und Pflasterfarben.

Allerdings ist in einem allgemeinen Klima der Zuspitzung und Konfrontation eine derartig klare Kante auch ein bedenkliches Signal.

Wer nicht für mich ist, ist gegen mich? Ein Gemeinderat ist von seiner Idee her ein Kollegialorgan. Dass die politischen Parteien von der Großstadt bis zum Dorf seit Jahrzehnten das konstruktive Arbeiten an der Sache für ihre Hahnenkämpfe pervertiert haben, ist wahrlich nicht Thalers Schuld. Seinen Anspruch der Überparteilichkeit aber löst er so eher nicht ein. Jetzt aber gilt es, erst einmal abzuwarten, ob und wen CSU und FW als Herausforderer aufbieten. Der Startschuss zur Kommunalwahl jedenfalls ist jetzt auch in Eching gefallen. Der Wahlabend aber wird dort diesmal nicht unbedingt auch das Ende der Bürgermeister-Frage ein.

© SZ vom 21.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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