Kommentar:In der Hand der Münchner Bürger

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Das Leipziger Urteil über die Nichtzulassungsbeschwerden der Privatkläger und des Bundes Naturschutz beim Startbahnprozess kam nicht überraschend. Es wurde aber nichts darüber ausgesagt, ob die Prognosen der FMG auch richtig sind

Von Johann Kirchberger

Leipzig hat also entschieden und jetzt auch die Nichtzulassungsbeschwerden der Privatkläger und des Bundes Naturschutz gegen das Startbahnurteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zurückgewiesen. Eigentlich nicht überraschend. Vorerst also sind nun die juristischen Auseinandersetzungen um den Ausbau des Flughafens beendet, es sei denn, einer der Privatkläger zieht wie bereits angekündigt vor das Bundesverfassungsgericht oder der Bund Naturschutz legt Beschwerde bei der EU-Kommission ein und klagt im Erfolgsfall vor dem Europäischen Gerichtshof.

Ärgerlicher als die Leipziger Entscheidung selbst sind ohnehin die Schlussfolgerungen der Startbahnbefürworter, insbesondere der Staatsregierung, und leider auch des Freisinger CSU-Bundestagsabgeordneten Irlstorfer. Dort wird gejubelt und behauptet, die Gerichte hätten letztinstanzlich die Planung für gut befunden und den Bedarf für eine dritte Startbahn bestätigt. Aber genau das ist falsch.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Februar 2014 lediglich erklärt, dass die Regierung von Oberbayern das Planfeststellungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt hat, dass die Prognosen über die Entwicklung des Flugverkehrs im Erdinger Moos nach den gängigen und allgemein als richtig angesehenen Methoden aufgestellt wurden.

Es wurde nichts darüber ausgesagt, ob die Prognosen auch richtig sind. Das Bundesverwaltungsgericht wiederum hat sich mit der Planung selbst überhaupt nicht beschäftigt, sondern den bayerischen Richtern lediglich bescheinigt, die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss rechtsfehlerfrei behandelt zu haben. Die Pläne für den Bau der dritten Startbahn wurden von der Flughafen GmbH erstellt und von der Regierung von Oberbayern für gut geheißen. Von den Gerichten wurden sie nie geprüft. Geprüft wurden nur die Verfahren. Insofern haben die Gerichte auch nicht darüber entschieden, dass die Startbahn als zentrales Infrastrukturprojekt für ganz Bayern, wie Horst Seehofer sagt, gebaut werden muss.

Entscheiden über den Bau der Startbahn werden ganz allein die Bürger der Stadt München. Vor drei Jahren haben sie den Bau mit breiter Mehrheit abgelehnt, die Parteien im Stadtrat haben immer wieder versichert, sich an das Votum halten zu wollen, bis zu einem etwaigen neuerlichen Bürgerentscheid. Der Freistaat mag zwar Mehrheitseigner am Flughafen sein, allein bestimmen kann er jedoch zum Glück für die Anrainer nicht. Seehofer will deshalb jetzt Gespräche mit der Landeshauptstadt aufnehmen, die Münchner möglichst rasch noch einmal abstimmen lassen, in einen Dialog mit den Betroffenen eintreten und noch einmal alle Argumente abwägen. Wie dieses Abwägen aussehen soll, wenn die einen bauen wollen und die anderen nicht, wird spannend werden. Kaum anzunehmen, dass sich die Freisinger mit ein paar Zuckerl kaufen lassen.

© SZ vom 16.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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