Kommentar:Erfreulich und lobenswert

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Die Menschen wollen vor allem eines: den Flüchtlingen helfen

Von Gudrun Regelein

Es war im Dezember 2011, als nach längerer Zeit wieder Asylbewerber in den Landkreis kamen. 18 Menschen aus dem Iran und Afghanistan fanden in Wang Unterschlupf - und wurden von Beginn an willkommen geheißen. Schon am Tag nach ihrer Ankunft kümmerten sich ehrenamtliche Helfer um die Flüchtlinge, und das ist bis heute so geblieben.

Heute, knapp vier Jahre später, leben bereits etwa 800 Asylbewerber in 52 Unterkünften. Sie werden von Asylsozialberatern und zahlreichen Helferkreisen unterstützt. Die Betreuung dieser Menschen kostet Zeit und sie kostet Kraft. Manchen zu viel: Weder werde ihre ehrenamtliche Arbeit "gebührend gewürdigt", noch trage der Freistaat in irgendeiner Weise dazu bei, die Arbeit der Helfer zu erleichtern, war vergangene Woche in einem von 60 Initiativen mitgetragenen Brandbrief an Bayerns Innenminister zu lesen. Aus dem Landkreis war kein Unterzeichner dabei.

Die Regierung von Oberbayern wird dem Landkreis zukünftig 37 Flüchtlinge pro Woche - etwa 150 im Monat - zuweisen, heißt es aus dem Landratsamt. Mit gut 800 Asylbewerbern rechnet man noch in diesem Jahr. Und nachdem fast alle Appelle an die Gemeinden, Unterkünfte zu schaffen, ungehört blieben, errichtet das Landratsamt nun auf dem Gelände des Camerloher Gymnasiums eine Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 150 Menschen. Bereits kommende Woche werden 120 Flüchtlinge in die Turnhalle der Wirtschaftsschule einziehen. Eine so große Zahl an häufig traumatisierten Menschen ist natürlich nicht optimal - aber der Landkreis hat angesichts der zu erwartenden Flüchtlingszahlen keine andere Wahl, wie Landrat Josef Hauner immer wieder betont. Eine dezentrale Unterbringung ist nicht mehr möglich, weitere Gemeinschaftsunterkünfte sind bereits geplant.

Erfreulich und lobenswert ist die besonnene Reaktion der Beteiligten. Die Schulleiterin des Camerloher-Gymnasiums, Andrea Bliese, beispielsweise warb sofort um Verständnis für die Entscheidung des Landratsamtes: "Sie müssen unterkommen, und es ist schlicht nicht tragbar, wenn jeder sagt: Natürlich muss Deutschland aufnehmen, aber bitte nicht vor meiner Haustür!", postete sie auf der Facebook-Seite der Süddeutschen Zeitung. Auch ein Proteststurm besorgter Eltern blieb aus. Die etwa 90 Anwohner der Wippenhauser Straße, die am Dienstagabend zu einer Infoveranstaltung gekommen waren, zeigten eine überragende Hilfsbereitschaft. Die Willkommenskultur für die aus den Krisengebieten dieser Welt geflohenen Menschen ist erfreulich groß. Viele Bürger in Freising und im Landkreis wollen helfen - und bei so viel spontanem Engagement ist ihnen zuzutrauen, dass das auch trotz der prognostizierten Flüchtlingszahlen so bleiben wird.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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