Kommentar:Einer muss der Böse sein

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Die Startbahngegner ärgert, dass Bayerns Innenminíster Herrmann keinen Zentimeter von seiner Meinung abweicht, während sein Chef, Ministerpräsident Seehofer, aufgeschlossener sich gibt

Von Gerhard Wilhelm

Von den rund 60 Startbahngegnern, die am Montag Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Hallbergmoos empfangen haben, dürfte sich wohl kein einziger die Hoffnung gemacht haben, dass der ausgewiesene Befürworter der Flughafenerweiterung plötzlich von seiner Meinung abweichen würde. Dennoch merkte man ihnen an, dass sie es sich sehnsüchtig wünschen, als Herrmann die Demonstrantenreihe abschritt und Einzelne von ihnen begrüßte. Das haben bisher nicht viele gemacht, oft wurden sie ignoriert.

Doch schnell stellte sich heraus: Herrmann hat eine klare Meinung und lässt sich auch von noch so emotional vorgetragenen Forderungen, die Pläne für die dritte Startbahn endlich zu beerdigen, nicht davon abbringen, was die Demonstranten manchmal zornig werden ließ. Vor allem ärgerte es sie, dass Herrmann sich so unnachgiebig zeigt, während sein Chef, CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer, erst vor kurzem neue Gesprächsbereitschaft signalisiert hat und bei den Beteiligten den Eindruck hinterlassen hatte, dass der Bau der Startbahn - obwohl rechtlich alles bereits abgesegnet ist - noch nicht endgültig beschlossen ist.

Offen bleibt, ob das Ganze nicht nach der Methode "guter Politiker, böser Politiker" läuft. Mit Herrmann als Feindbild, während Seehofer den Netten verkörpert, dem plötzlich alle, alles zutrauen - wozu er ja tatsächlich schon immer in der Lage war. Sicher, Startbahngegner sind auch Wähler. Aber Wähler sind oft wankelmütig. Und Startbahnbefürworter wie die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft prophezeien den Verlust von Arbeitsplätzen und den Abschwung der Wirtschaftskraft in der Region, falls die dritte Startbahn nicht kommt. Sowohl Seehofer wie auch Herrmann wissen: Erfolge der CSU bei den Wahlen sind eng verbunden mit dem Erfolg der Wirtschaft. Und der steht über allem.

© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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