Kommentar:Ehrenamtliche stehen im Regen

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Das THW Freising hat seit 2007eine fertige Planung für eine neue Unterkunft. Seit 2013 ist diese auch von der Stadt genehmigt, aber bei den zuständigen Bundesbehören passiert nichts

Von Gerhard Wilhelm

Erst jüngst im September hat Bundespräsident Joachim Gauck mit einem Bürgerfest das ehrenamtliche Engagement gewürdigt und betont, wie wichtig die Arbeit der Ehrenamtlichen für unsere Gesellschaft ist. Gleichzeitig ermutigte er die Bürger, selbst aktiv zu werden und die Gesellschaft mitzugestalten. Davon haben allerdings Bundesorgane wie das Finanz- und das Innenministerium und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben wohl noch nichts mitbekommen.

Seit nunmehr acht Jahren gibt es Pläne für eine neue Unterkunft für den Ortsverband des Technischen Ortsverbands (THW) Freising. Dass das alte Gebäude am Sondermüllerweg keine Zukunft hat, weiß man schon viel länger. THW-Ortsbeauftragter Michael Wüst hat das Problem schon dem fünften Innenminister vorgetragen. Das Ergebnis ist niederschmetternd: Nichts ist passiert.

Oder doch: Das Projekt wird teurer und teurer, es werden Kosten für Verwaltungsaufgaben in Höhe von einer Million Euro - bei Baukosten von derzeit 5,3 Millionen Euro - erhoben, die jeden Privatbauherren an der Zurechnungsfähigkeit seines Architekten zweifeln lassen würden. Wenn er ihm nicht gleich üble Abzocke unterstellt. Und weil das zuständige Bundesliegenschaftsamt nicht in die Pötte kommt, wird alles teurer. Der jährliche Mietzins soll deshalb für die Refinanzierung auf 320 000 bis 340 000 Euro steigen.

Zur Erinnerung: Politiker aller Colour sind sich einig: Wir brauchen die Ehrenamtlichen. Die rund 100 Aktiven des Freisinger Ortsverbandes leisten unschätzbare Arbeit bei Unfällen, bei Hochwasser, Sturm und in diesem Jahr vor allem beim Aufbau von Flüchtlingsheimen. Den zuständigen Stellen scheint dies egal zu sein. Wahrscheinlich setzen sie auf die Gutmütigkeit der Helfer. Aber auch die hat bald ein Ende. Wer keinerlei Anerkennung (außer ein paar warmen Worten) erhält, keine Perspektive sieht, der kommt irgendwann zu dem Punkt, an dem er sagt: Jetzt reicht es! Geschweige denn, dass man die jüngere Generation dann noch erreicht.

Jetzt sind in Freising die Stadt, der Landkreis, eigentlich alle Kommunen, die vom THW in der Not profitieren, gefragt, dem Innenministerium deutlich die Meinung zu sagen. Alternativ könnte das THW dem Ministerium eine einfache Rechnung aufmachen: 40 000 Stunden ehrenamtliche Hilfe, das macht bei einem Mindeststundenlohn von 8,50 Euro 340 000 Euro. Damit wäre die jährliche Miete schon mal bezahlt. Mit der Summe könnte man sogar das ganze neue Gebäude bei den derzeitigen Bauzinsen in rund 20 Jahren abzahlen. Dann wäre der THW Ortsverband sogar Eigentümer, nicht der Bund.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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