Kommentar:Die CSU zieht eine feine Linie

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Neben der üblichen Abgrenzung nach links erteilten die CSU-Oberen dezidiert in der Flüchtlingspolitik auch rechtspopulistischen Äußerungen eine klare Absage und distanzierten sich von der Agitation der "Alternative für Deutschland"

Von Kerstin Vogel

Eigentlich hat die Freisinger CSU-Spitze das ganz gut gemacht. Hat eingeladen zur Diskussion über die Flüchtlingsthematik. Hat den Zuhörern versprochen, dass sie ohne Tabus über all ihre Sorgen und Ängste sprechen dürften, hat wissen lassen, dass niemand "in die Nazi-Ecke gestellt" würde, wenn er sagt, was er denkt. Niemand würde mit dieser "Keule zerstört", wie es der Landtagsabgeordnete Florian Herrmann etwas drastisch formulierte.

Doch bevor irgendjemand dann wirklich loslegen konnte, zogen Herrmann, der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer und Ozan Iyibas, der Vorsitzende des CSU-Arbeitskreises Migration, eine feine Linie. Neben der üblichen Abgrenzung nach links erteilten sie dieses Mal dezidiert auch rechtspopulistischen Äußerungen eine klare Absage, distanzierten sich von der Agitation der "Alternative für Deutschland", bekannten sich zu Europa und zu Kanzlerin Merkel. Das Wort "Obergrenze" fiel nicht ein einziges Mal, auch wenn die CSU-Spitze keinen Zweifel daran ließ, dass man den Zuzug von Flüchtlingen ihrer Ansicht nach wird bremsen müssen. Die Zuhörer durften aus all dem die Botschaft ableiten, dass es mit ihrer Freisinger Parteispitze zumindest keine Komplizenschaft am rechten Rand geben würde.

Dass sich am Ende in der Diskussion trotzdem die seltsamen Ängste der Bürger teilweise wieder Bahn brachen, dass man sich wieder um die Töchter sorgte, die Flüchtlinge "gleich weiter nach Brüssel schicken" wollte, von einem Totalversagen der Politik sprach und es gar für "christlich und ethisch vertretbar" hielt, einfach die Grenzen dicht zu machen, ist sicher nicht die Schuld der Freisinger CSU. Sie muss gleichwohl zur Kenntnis nehmen, dass sie in der herrschenden Stimmung Teile ihrer Klientel mit Argumenten offenbar nicht mehr wirklich erreicht.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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