Kommentar:Der Haushalt und seine Geheimnisse

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Bei den Etatberatungen in Freising gibt es offensichtlich keinerlei strittige Punkte mehr

Von Kerstin Vogel

Die gute Nachricht ist, dass die Kommunalwahlen in Freising künftig völlig unspektakulär abgewickelt werden können. Falls es langfristig überhaupt noch verschiedene Parteien geben sollte, werden sie sich mutmaßlich schon 2020 auf einer gemeinsamen Liste für den Stadtrat versammeln, die beispielsweise Freisings Grüne Mitte heißen könnte. Die übergreifenden Wahlslogans, die so in die Richtung: "Wir schaffen das" oder auch schon "Wir haben es geschafft" gehen dürften, würden mit Bildern von glücklichen Menschen gestaltet: Freizeitsuchende im neuen Kombibad, Flaneure in den bereits fertig gestellten Bereichen der Innenstadt, zufriedene Arbeiter auf der besten Baustelle der Welt, dem Asamgebäude, und auf der Westtan. . .ach nein, lassen wir das. Ab und zu wird die SPD noch ein zaghaftes "Mietspiegel, wir brauchen einen Mietspiegel" hören lassen und die ÖDP etwas vom Fahrradbeauftragten murmeln, ansonsten aber wird friedlichste Einigkeit herrschen, weil einfach alles Konsens ist.

Es gibt offensichtlich keinerlei strittige Punkte mehr in der Freisinger Stadtpolitik, keine Haushaltsposten, um die gerungen wird, keine Ziele, die eine Partei noch im Etat verankert sehen will und um die sie kämpft. Werden überhaupt noch Argumente ausgetauscht oder wird dank der Jahr um Jahr sprudelnden Gewerbesteuern einfach alles, was beantragt wird, durchgewunken? Beantragen die Fraktionen überhaupt noch etwas? Vielleicht wird ja doch auch noch diskutiert und verhandelt - nur weiß man all das alles leider nicht, weil die Haushaltsberatungen, also die, in denen es um die Einzelpläne geht, um die konkreten Investitionen und Nicht-Investitionen, heuer einfach mal komplett hinter verschlossenen Türen stattgefunden haben. Oder vielleicht auch gar nicht. In der ersten öffentlichen Sitzung dazu wurden lediglich die Gesamtsummen genannt, man lobte und bedankte sich wechselseitig für die gute Arbeit, strapazierte ein ums andere Mal das Bild vom "Licht am Ende des Tunnels" und gut war es.

Klar, es mag sein, dass die Zwänge, die aus den zu stemmenden Großprojekten wie Innenstadtumbau, Westtangente und Asamsanierung resultieren, keinen Platz lassen für etwas anderes als maximale Konsenspolitik. Warum aber muss die im Geheimen besprochen werden? Oder womöglich gar nicht? Nicht, dass sich in den Stadtrat eine Art Arroganz des Erfolges eingeschlichen hat: dass man irgendwie denkt, dass es den Bürger nichts mehr angeht, solange es nur gut läuft. Das wäre eine schlechte Nachricht.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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