Kirchbergers Woche:Warme Worte reichen nicht

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Die Stadt Freising braucht mehr bezahlbaren Wohnraum_ und zwar jetzt und nicht erst in ein paar Jahren

Kolumne von Johann Kirchberger

Das Problem ist bekannt. Es herrscht ein eklatanter Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker versprechen seit Jahren dieses Problem anzupacken. Aber heraus kommt wenig bis nichts. Na gut, Bund und Land stellen neuerdings hohe Zuschüsse in Aussicht, die Kommunen wollen auch bauen. Aber irgendwie kommt der Wohnungsbau nicht so recht in Schwung. Weil Grundstücke fehlen, bleibt es meist bei Absichtserklärungen. Die Stadt Freising hatte schon einmal 1800 Sozialwohnungen zu vergeben, jetzt sind es noch 1200. Immer mehr dieser günstigen Mietwohnungen fallen aus der Sozialbindung heraus. Die Stadt muss versuchen, ihren Wohnungsbestand wieder zu erhöhen, nimmt sich OB Tobias Eschenbacher bei Bürgerversammlungen selbst in die Pflicht. Richtig, dann soll sie es aber auch tun. Schnell, und jetzt.

Seit ein paar Jahren gehen OB und Stadträte mit einem einzigen Projekt hausieren. An der Katharina-Mair-Straße in Lerchenfeld sollen 115 Wohnungen gebaut werden. Der Bedarf für geförderte Wohnungen ist aber mindestens fünfmal so hoch. Hätte die Stadt die Lerchenfelder Feuerwache ins Gewerbegebiet ausgelagert, wäre an der Katharina-Mair-Straße sogar der Bau von über 200 Wohnungen möglich gewesen. Aber die Feuerwache sollte unbedingt in einem Wohngebiet bleiben. Schon jetzt haben die befürchteten Lärmimmissionen zu ersten Verzögerungen geführt, der große Ärger in den nächsten Jahren ist programmiert. Und natürlich kommt es zu Preissteigerungen. Momentan sollen die 115 Wohnungen 25,65 Millionen Euro kosten, ursprünglich wollte man 20 Millionen ausgeben. Hinzu kommt, dass nichts getan wird, um den Bau solcher Wohnanlagen zu beschleunigen. Zumindest ist bisher nicht bekannt geworden, dass Bauvorschriften gelockert oder gar abgeschafft werden sollen.

Dazu kommen Sonderwünsche. In Lerchenfeld etwa ist man sich uneinig darüber, ob im Erdgeschoss ein Seniorentreffpunkt oder eine Ganztagespflege eingerichtet werden soll, träumt man von einer Werkstatt für die Bewohner, einem Büro für einen Kümmerer und denkt darüber nach, ob hier nicht auch die Lerchenfelder Streetworker untergebracht werden könnten. Alles schön und gut, aber geht es nicht darum, möglichst schnell möglichst viel preisgünstigen Wohnraum zu schaffen? Für Familien, die seit Jahren auf eine Sozialwohnungen warten, weil sie jetzt mit fünf Personen in zwei Zimmern hausen? Diesem Personenkreis dürfte es völlig egal sein, ob da im Haus etwas für Senioren entsteht oder ob da auch gebastelt werden kann. Sie wollen eine bezahlbare Unterkunft in Freising, wollen nicht irgendwo aufs Land vertrieben werden.

Deshalb muss einfach, schnell und schlicht gebaut werden. Und es muss mehr gebaut werden. 115 Wohnungen, in denen auch noch städtische Erzieherinnen und Studenten untergebracht werden sollen, sind nur ein Tropfen auf einen sehr heißen Stein.

Und was macht der Landkreis? Wohnungsbau sei nicht seine Aufgabe, sagt der Landrat. Es gibt zwar eine Kreis-Wohnungsbaugesellschaft, aber die baut nichts. Trotzdem, der Kreis kümmert sich schon auch, veranstaltet Infoabende. Dort soll Wohnungssuchenden beigebracht werden, wie sie auftreten müssen, um ihre Chancen bei Vermietern zu erhöhen. Prima, so wird man das Problem Wohnungsmangel bestimmt bald lösen.

© SZ vom 27.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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