Kirchbergers Woche:Schlupflöcher gesucht

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Von den Schwierigkeiten, sich derzeit einen Weg durch die Stadt Freising zu bahnen

Von Johann Kirchberger

Alle suchen was. Die Stadt Freising sucht einen Christbaum für den Marienplatz, die Moosburger suchen ein Christkindl, das Landratsamt sucht alte Waschmaschinen, der MVV sucht den besten Busfahrer im Landkreis und Autofahrer, die auf den Domberg wollen oder müssen, suchen nach einem Weg. Denn die Dombergauffahrt ist nächste Woche wegen Pflasterarbeiten von Mittwoch bis einschließlich Samstag gesperrt. Als Umleitung bietet die Stadt eine geradezu abenteuerliche Strecke an: Von der Heiliggeistgasse nach Neustift, über Landshuter- und Mainburger Straße, Steineckerstraße, Kammergasse und Amtsgerichtsgasse hinunter in die Hauptstraße und durch die schmale Brennergasse und die Fischergasse geht's dann irgendwie den Berg hinauf. Eine regelrechte Stadtrundfahrt ist das, die zumindest am Samstag dann auch noch durch die Fußgängerzone führt.

Wer den Berg herunter will, soll durch die Luckengasse fahren, wird empfohlen. Hier sind allerdings zwei Baustellen, stehen Kräne und Bagger herum, die ein Durchkommen zumindest erschweren. Aber wie heißt es so schön, wer suchet, der findet, vielleicht sogar ein Schlupfloch, um nach Freising hinein oder auch hinaus zu kommen.

Auch einer Reisegruppe aus Oberammergau mag diese Woche der Weg zum Domberg recht abenteuerlich vorgekommen sein. Ihr Fahrer hatte seinen Luxusbus wie vorgeschrieben auf dem Schotterplatz neben der Korbinianbrücke abgestellt, von dort marschierten die überwiegend älteren Herrschaften zur Bahnunterführung, vorbei an verschmierten Wänden, um dann über Stock und Stein in Schlangenlinien mitten durch die Baustelle zum Domberg zu gehen. Der Reiseführer hob immer wieder seinen Schirm hoch und forderte dazu auf, ihm unauffällig zu folgen. Touristen haben es eben momentan nicht leicht in Freising, Einheimische auch nicht.

In München hat das Baureferat jetzt die Bürger dazu aufgerufen, jede defekte Straßenlampe oder nicht funktionierende Ampel zu melden und hat eine entsprechende Servicehotline eingerichtet. Nicht genug damit, unter den Anrufern werden auch noch Preise im Wert von 15 000 Euro verlost. So etwas könnte man sich auch in Freising vorstellen. Wer einen umleitungsfreien Weg in die Innenstadt findet und ihn sofort meldet, wird - ganz ohne Verlosung - vom Oberbürgermeister empfangen und darf sich mit ihm fotografieren lassen. Das wär doch was.

Die Aktion müsste allerdings am 30. November beendet werden, denn dann sollen zumindest die Heiliggeistgasse und die Dombergauffahrt wieder frei befahrbar sein. Vorausgesetzt, es kommt zu keinem "unkalkulierbaren überraschenden Wintereinbruch", so ist auf der Homepage der Stadt zu lesen. Doch wenn der Ferl auf dem Marienplatz seine Maroni brät, in der Eisdiele Lebkuchen verkauft werden und der ein oder andere Autofahrer einen Reifenwechsel zumindest schon mal in Erwägung zieht, dann sind das untrügliche Zeichen, dass es schon bald wieder ganz überraschend Winter wird. Jetzt sind wir gespannt, wer schneller ist, die Pflasterer oder Frau Holle.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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